Dienstag, 8. Oktober

DIE SAWA kommt zum Hohen Westerwald (I)

Heisterberg - Herdwangen.


Etwas überrascht dreinschauende Pferde nehmen ungewohnt früh, dennoch sichtlich einverstanden, schon um halb acht am Dienstag, 8. Oktober 2013, ihr Morgenmüsli auf der Weide in Empfang. Frühstück für die Hofkater Socke und Max am Saalbachhof und ein ganz schwerer Abschied von Pompi, unserer kleinen, sterbenskranken Herzenskatze. Dem Geschenk, sie erleben zu dürfen, wollen wir unsere neue Kutsche widmen, die Pompi-Sawa.

Nachdem ein freundlicher, junger Mitarbeiter des Autohauses METZ in Gusternhain die elektrische Verbindung zwischen unserem SEAT ALTEA und dem funkelnageneuen PONGRATZ hergestellt hatte - eine zu fummelig enge Angelegenheit für zwei betagte Hänger-Fahrer-Novizen - konnte um 8.30 h unsere Fahrt zur Firma SAWA in Herdwangen am Bodensee beginnen.

Der Führung des Navis folgend, das uns Peter geliehen hatte ("märßi bjeng!"), kamen wir problemlos bis hinter Stuttgart und bis seltsam klappernde Geräusche aus unserem Hinterteil Schlimmstes befürchten ließen: Reifen platt? ADAC-Hilfe?... Mit durchschnittlich 90 hatte ich die vorgeschriebene Maximalgeschwindigkeit doch "eigentlich" nur unwesentlich überschritten?!

Bei einem Tankstopp, nicht zuletzt aus diesem Anlass, stellte sich das Stützrad des Hängers als Geräuschquelle heraus. Ich hatte die Kurbel in seiner höchsten Position nicht fest genug angezogen. So konnte es sich, dem Rappeln und der Schwerkraft folgend, so weit senken, dass es Fahrbahnkontakt bekam. Glücklicherweise wurde es dabei nicht ultimativ, ja, nicht mal ein wenig beschädigt. Typisches Glück der Doo...

Kurz darauf wollte Peters Navi uns partout über Landstraßen zum Bodensee führen. Wir ließen uns aber auch durch gebetsmühlenartige Wiederholungen von Anweisungen wie: In 80 Metern rechts!; Wenden Sie!; Am Ende der Straße links!... nicht davon abhalten, bis kurz vor Singen auf der Autobahn zu bleiben. War die etwa bei der Geburt unseres schlauen Routenfinders noch nicht fertig gestellt? Ob ein "Ap-Deet" wohl ein passendes Weihnachtsgeschenk für Peter wäre?!

Egal, mit intelligenter Befehlsverweigerung dem zeitgeistigen (Fast-)Alleswisser gegenüber, erreichten wir schließlich gegen 14.30 h und nach 480 Kilometern unser Ziel, Dorfstraße 9 in Herdwangen. Herzlich und freundlich und unverstellt schwäbisch begrüßten uns Frau und Herr Schmid, die Chefs der Firma SAWA.

Und schon standen wir im Ausstellungsraum und... völlig baff und erschlagen vor... DAS ist unsere neue Kutsche? Eine edle, hohe und gewichtige Erscheinung? lässt Elke spontan befürchten: Das sollen unsere armen, betagten Pferdchen bewegen???

Ein kleiner, einhändiger Schubs macht aber unmittelbar deutlich: Sie lässt sich butterweich und leicht bewegen. Leichter jedenfalls, mit beeindruckend weniger Rollwiderstand, als unsere "alte" Van-den-Heuvel, die zwar bestimmt ein geringeres Gesamtgewicht, dafür aber auch kleinere Raddurchmesser hat.

Herr und Frau Schmid geben uns eine kompakte Einführung in die wichtigsten Details der Handhabung dieser, auch im Wortsinne, glänzenden handwerklichen Meisterleistung. Ein Wunderwerk auf einzeln aufgehängten, luftbereiften Rädern, mit Luftfederung, über Fußpedale je an den Vorder- und Hinterrädern und unabhängig davon, mittels einer Kurbel an den Hinterrädern über Scheiben gebremst, mit Aufnahmen für eine gefederte Deichsel (Zweier- und mehr) und für einzeln montier- und hochklappbare Scherbäume (Einer-Anspannung).

Alles zusammenfassend drückt es Elke aus: "Sie ist einfach SCHÖN!" Keine Widerrede, ihro Gnaden.

Sehr viel leichter als befürchtet glingt es, die Schöne über Verladeschienen auf den Hänger zu bugsieren. Und Herr Schmid bittet uns, seiner Frau ins Büro zu folgen und bei Kafee und Kuchen "ebbes übers Lääbe, über Kutschen und schwäbsche Eisebahne... ze schwätze", die schriftliche Gebrauchsanleitungen entgegenzunehmen, die Rechnung über 6.550 Euro zu begleichen. Übrigens, in unseren Augen ein absolut fairer Preis für ein Produkt, das in Zeiten, in denen Globalisierung für jede kommerzielle "Billig"-Schweinerei herhält, zu 100 Prozent "made in Germany" ist, sogar "made in Schwaben", dem Land der knauserigen Hausfrauen vergangener Zeiten.

In der Zwischenzeit werde Herr Schmid sein offensichtlich mit handwerlichem Herzblut gefertigtes Schmuckstück mit Gurten auf dem Hänger fixieren und per Plastikumhüllung und Paketbandbefestigung gegen zu erwartende Gischtangriffe von Lkws schützen.

Erneut ein viel zu ausschweifendes Schwätzchen mit den beiden überaus sympathischen Kutschenbauern im 35sten Jahr ihres Firmenbestehens.

Der Eindruck verfestigt sich: Zwei, die dem Zeitgeist mit blitzenden Augen widersprechen und nach fast vierzig Jahren Ehe immer noch, offensichtlich sogar bestens harmonieren. Die ihr Handwerk im Geburtsland des sozialverpflichteten (= wahren) Liberalismus in Deutschland mit Begeisterung in ehrbarer, verlässlicher und fairer Weise ausüben. Die alles können, nur kein Hochdeutsch und turbokapitalistisch neoliberal (= nimm was du kriegen kannst) (Wow!).

Tschüss Familie Schmid. Danke für Ihre Arbeit und die angenehme menschliche Begegnung.

Fortsetzung: Siehe dort.

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