10. 10. 2013

Danke Pompi
für 253 Tage mit Dir

Auszug aus unserem Logbuch

Samstag, 26. Januar 2013, um minus sechs Grad, Wind von West, sehr schneidend...

Sonntag, 27. Januar, nachmittags beginnt es zu schneien; Das Tief über dem Atlantik schaufelt warme Luft zu uns; Gegen fünf geht der Schnee in Regen über...

Montag, 28. Januar, wir stehen bei den Autos, als ein kleines, schmales, spindeldürres Kätzchen mit prominentem Bauch (schwanger?) schnurstracks auf Nadine zugeht und ihr in die Arme springt. Die gibt sie weiter an Elke: „Ich hab schon eine!“. Das Kätzchen frisst sofort gierig und ist auch am Abend wieder da...

Dienstag, 29. Januar, 4 bis 8 Grad plus, es taut, regnet beständig und ist einigermaßen windig; Socke taucht nach vier Nächten Abwesenheit völlig entkräftet über den Hof torkelnd wieder auf. Die Tierärztin, Claudia von Lohr: Socke ist dehydriert, ist fast vertrocknet; Er bekommt eine Spritze Antibiotikum, drei Spritzen mit Flüssigkeit unter die Haut und Vitamin-Paste(Astronauten-Nahrung).

Das kleine dürre Kätzchen frisst alles, was es kriegen kann; Sie schläft im Heulager;... Von heute an hat sie einen Namen. Elke nennt sie Pompi (frei nach Madame Pompadour)...

Mittwoch, 30. Januar, Pompi kommt Elke auf dem Hof sofort entgegen; Sie begleitet Socke zur Praxis von Claudia von Lohr; deren Kollegin verschreibt ihr eine halbe Entwurmungspille, die ihr auch für den Fall, dass sie schwanger wäre, nicht schadet; Sie wehrt sich gegen das Abgetastet-werden, macht sich hart...

Freitag, 1. Februar, Socke geht es gut, er ist genervt von Pompi, reagiert aber nicht so radikal aggressiv wie gegen das rotblonde Kätzchen (Ginger), das er vom Hof verjagte; Max setzt sich doch etwas energischer gegen Pompi durch.

Samstag, 2. Februar, Pompi wird wohl von Socke akzeptiert (als Kleinkind?, Geschwister?) ...

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"Unbeirrbar" war der erste Eindruck, den wir von Dir haben. So sprangst Du mitten im Winter in die Arme von Menschen, die Du noch nie gesehen hattest, von denen Du "wusstest", dass sie gut zu Dir sein würden. Deine ersten Menschen müssen Dir einen riesigen Schatz an Urvertrauen mitgegeben haben.

Ebenso unbeirrbar und unmissverständlich konntest Du drohen, wenn Dir ein Feind zu nahe kam. Und diese Drohung war genau in dem Maße ernstzunehmen wie sie die Zierlichkeit Deiner Körpergestalt nicht vermuten ließ.

Das Unbeirrbare Deine Verhaltens konnte leicht auch als dreist, ja unverschämt (fehl?)gedeutet werden. Zum Beispiel von zwei gestandenen Hofkatern, Socke und Max, die mit den Köpfen in ihren Schüsseln genüsslich speisen, als Du in den Stall gehumpelt kommst und, was liegt näher, Deinen Kopf schnurstracks zwischen den von Max und den Schüsselrand steckst: "Das gehört alles mir!"

Der Blick, den Max uns mit ungläubig großen Augen zuwarf: "Darf die das?", gehört zu den goldenen Momenten, die Mensch in einem ganzen Leben mit Tieren wohl nur sehr selten geschenkt werden.

Deine Unbeirrbarkeit war es auch, die Socke derart um die Pfote wickelte, dass er Dich - als kleine Schwester?, als einseitigen Flirt? - zunächst in seiner Schlafecke im Heulager neben sich duldete, diese schließlich aber, zum Dank, ganz Dir überließ.

Aus dieser Villa Pompi, mit schützendem Reifensstapel vor dem Eingang, begrüßtest Du uns bald bei jeder Ankunft auf dem Saalbachhof und ließt Dich mit einem "Männchen" bereitwillig auf Elkes Schulter heben, um zu den täglichen Speisungen in Saalbachs alten Bullenstall getragen zu werden.

Leider war das wohl schon ein Ausdruck der bis heute nicht vollständig geklärten Ursachen für Beschwerden, die Du schon zu uns mitgebracht hast, die letztlich aber zu einer unentrinnbaren Qual für Dich werden sollten.

Anfänglich vermuteten wir eine Verletzung am linken Vorerbein als mögliche Ursache für Deinen Humpelgang. Doch der war wohl eher ein Symptom Deiner Probleme mit dem Atmen.

Ein Atmen, das bei Dir stets deutlich hörbar Schnurren war, wurde bei genauer Beobachtung immer mehr Aufgabe für Deinen Bauch. Und das geriet wohl zunehmend immer beschwerlicher und uneffektiver, so dass Du auf den zwanzig Metern von Villa Pompi zum Speisesaal und zurück, immer häufiger Sitz- oder Liegepausen einlegen musstest.

Nachdem zwei Röntgenbilder einen Zwerchfellbruch vermuten ließen, nahmst Du zunehmend noch weniger fester Nahrung auf, letztlich nur noch etwas Milch, und entsprechend wurdest Du auch immer dünner.

Für uns war der Eindruck, dass Du leidest, der Grund, nicht noch zwei Tage zu warten, bis wir unsere neue Kutsche vom Bodensee zum Hohen Westerwald gebracht hätten. Wir baten Jutta und Werner, gemeinsam mit Cathrin zu entscheiden, ob Dir dies noch zuzumuten wäre.

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Heute, drei Tage später, fanden wir Dich, eingerollt, mit den vorderen Pfötchen gekreuzt, ruhig im großen Schlaf. Auch wenn wir gerne im Augenblick Deines Todes bei Dir gewesen wären, uns tröstete die Hoffnung und Erwartung, dass Du nun auf der anderen Seite unseres gemeinsamen Weges ohne Qualen Luft holen kannst.

Wenn es auch nur 253 Tage waren, die wir mit Dir zusammen verbringen durften, es bleibt die Erinnerung an eine ganz besondere, zauberhaft bezaubernde Katze. So viel Vertrauen, so bedingungslos gegeben, ist Dein Geschenk, das keiner verdient hat. Es gehört ganz bestimmt zu dem schönsten Glück, das Mensch haben kann.

Was von Dir hier bei uns geblieben ist, ruht nun im Schatten von Fliederbusch und Haselnussstrauch unter der Krone einer Eiche, mit dem Blick über den Hohen Westerwald, dorthin, woher Du kamst, wohin Du wolltest und wo Du nun angekommen bist.

Tschöö Pompi!

Danke für Dein Vertrauen ohne Netz und doppelten Boden, für Deine Freundlichkeit ohne Hinterhalt, Dein urvertrauendes Einfordern von Gerechtigkeit, Deine in Dir ruhende Kraft, unbeirrbar zu wollen, Deine unverschämte Großzügigkeit, mit der Du Deinen Menschen Tag für Tag Momente des Glücks geschenkt hast...

Verzeih mir einen Tritt, der Dir sehr weh getan haben muss, verzeih uns, wenn unser gutes Wollen Dir dennoch nicht gerecht werden konnte...

Wir sehen uns wieder, auf der anderen Seite unseres gemeinsamen Weges, wo mit Dir nun Musch, Pinki, Biene und Peter auf uns warten.

Bis dahin nimm Dir so viel Platz in unseren Herzen, wie Du es auf Deine bezaubernd unbeirrbare Weise magst.

Elke und Karlheinz

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