•••BLÖÖK
24.1.2018


Der „Kleine Mann“*)

Die Sozialdemokratie gibt dem „kleinen Mann“ Gesicht und Stimme. Wer Gesicht und Stimme hat, ist nicht mehr klein.

Rechtspopulisten gaukeln einer gesichtslosen Masse "kleiner Männer" vor, sie von Bedeutungs- und Machtlosigkeit zu befreien. In kollektiver Selbstüberschätzung sind sie nun perfekt manipulierbar und immer noch ohne Bedeutung und Macht.

Gegen diesen Trick gefeit ist nur, wer eine Vorstellung davon hat, dass es etwas gibt, das größer ist als er selbst. Zum Beispiel Schiller und Goethe – und trotz Fatzebook immer noch nicht „Tschiller“ und „Fack ju...“!


*) Haben wir heute nur in der maskulinen Version im Angebot. Alle Blockwarte für genderkorrekte Ideologie*) mögen sich bitte die Formulierungen in einer, oder den ihnen genehmen, der diversen übrigen Geschlechtsausprägungen vorstellen. Sie sind alle - wie immer, bei Menschen*) mit gesundem Verstand - mit gemeint!

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Exzerpt aus dem Interview
>Maul halten und Hirn einschalten<
Neigt man zur Selbstüberschätzung,
wenn man als Schauspieler alles erreicht hat?
Christoph Waltz über Größenwahn und Demut

Süddeutsche Zeitung Magazin
Nummer 3|19. Januar 2018
INTERVIEW WOLFGANG LUEF


Wolfgang Luef:
„Der kleine Mann“ ist nicht nur eine Chiffre der Sozialdemokratie, sondern auch des Rechtspopulismus. Der verstorbene FPÖ-Politiker Jörg Haider sprach ständig vom „kleinen Mann“.

Christoph Waltz:
Die Sozialdemokratie versucht, dem kleinen Mann Gesicht und Stimme zu geben – und dadurch gewissermaßen Gleichheit herzustellen. Wer Gesicht und Stimme hat, ist nicht mehr klein.

Der Rechtspopulismus hingegen will einer gesichtslosen Masse kleiner Männer zu Bedeutung und Macht verhelfen, ohne innerhalb dieser Masse nach Persönlichkeiten zu differenzieren. So eine Masse lässt sich viel leichter manipulieren. Und man kann ihr einreden, man würde sie befreien.

Die Idee der Befreiung des Individuums ist mittlerweile in ihr Gegenteil verkehrt – nicht nur in der Politik. In der Parfum-Reklame heißt es: Sei wie Du bist! Mach Dich frei! Tu, was Du willst! Mach’s einfach! Und kaufe den Gestank, den wir Dir einreden wollen. Ich finde das schrecklich. Jedem wird vorgegaukelt, jederzeit alles machen und sein zu können.

Mit genau diesem Trick der kollektiven Selbstüberschätzung kann zum Beispiel die Elektronik-Industrie arg- und ahnungslosen Dumpfbacken einreden, sie seien Filmemacher, sobald sie sich einen Camcorder für 200 Euro kaufen. Das ist keine Befreiung, das ist eine verkleidete Entmündigung.

Es fehlt Demut. Oder auch nur die Vorstellung, dass es etwas gibt, was größer ist als man selbst. Ich habe vor vielen Jahren Oskar Werner auf der Bühne des ausverkauften Wiener Konzerthauses Schiller-Balladen vortragen sehen. Dieses kleine Männchen, ganz alleine auf der Bühne, hat diesen Riesenraum restlos bis in die Zuhörerseelen gefüllt. Womit? Mit einer Idee. Mit etwas, was größer war, als er selbst: Mit Schiller. So etwas gibt es nicht mehr.

Warum? Vielleicht wird der Zugang zu dieser Art von Kunst heute durch andere Dinge verstellt. Vielleicht existiert das Instrumentarium nicht mehr, das Schauspieler früher hatten. Vielleicht liegt es daran, dass Fack ju Göhte heute „erfolgreicher“ ist als Goethe. Es passt auch nicht ins Zeitalter von Social Media – man müsste sich ja länger als zwanzig Sekunden auf etwas konzentrieren.

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Zu den Populisten in USA, England und Österreich:

Unfassbar, dass alles, was sie tun und tun wollen ist, Dinge niederzureißen. Das kann jeder Idiot. Dass sich aber die Geschädigten – die, die am meisten zu verlieren haben – diesen Menschen anschließen, ist aberwitzig.

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