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23. Dezember 2017


Facebook

Asoziale Medien

"Diesen Scheiß nutze ich nicht mehr.
Meinen Kindern verbiete ich es strikt."

(Chamath Palihapitiya, Ex-Facebook-Fizepräsident)

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Exzerpt aus
Asoziale Medien
Kritik an Facebook aus den eigenen Reihen

Süddeutsche.de-kultur
14. Dezember 2017
Facebook-Mitgründer Sean Parker und ein ehemaliger Top-Manager des Konzerns konfrontieren das soziale Netzwerk mit scharfen Vorwürfen. Man habe die Nutzer "programmiert" und so der Demokratie geschadet.
VON BERND GRAFF


Anfang November 2017

Sean Parker ist Mitgründer von Facebook. Heute sagt er über das manipulative Potenzial (die beeinflussende Macht) dieser „Platt“form mit inzwischen 2 Milliarden aktiven Nutzern:

Bei der Planung des Konzepts für Facebook wurde ganz bewusst auf Suchtfaktoren gesetzt (Gewohnheiten erzeugende Aktivitäten) und süchtig machende Features entwickelt (Funktionalitäten, deren Nutzung zur Gewohnheit werden – sollen!). Das Ziel war: So viel Aufmerksamkeit wie möglich auf sich ziehen, um die Nutzer dauerhaft zu binden.

Was zur Zeit seiner Gründung nicht absehbar war, zeigt sich heute:
Facebook verändert das Verhältnis seiner Nutzer zu Gesellschaft und Miteinander. Was es mit den Hirnen der Kinder macht, weiß keiner.

Chamath Palihapitiya, der ehemalige Vizepräsident des Konzerns sagte kürzlich:
Facebook erodiert (zerstört) das Sozialverhalten in der Gesellschaft grundsätzlich. Durch seine Beteiligung an der Entwicklung von Facebook habe er "unendliche Schuld" auf sich geladen. "Facebook programmiert die Menschen." Er werde "diesen Scheiß" nicht mehr nutzen und verbiete es auch seinen Kindern strikt. Denn Facebook beendet "den öffentlichen Diskurs (Austausch von Gedanken, Ideen, Argumenten...)" und fördert stattdessen "Miss-Information über alternative Argumente und Misstrauen gegen Menschen mit anderen Meinungen und Ansichten".

Ist Facebook, wie eine herkömmliche Partei, nur viel effektiver und inkognito, aktiv an der politischen Willensbildung der Gesellschaft beteiligt?! Wenn ja, welchen politischen Willen verfolgt dieser Konzern?

Zum Zeitpunkt November 2017 werden zwei Milliarden Menschen ausschließlich von Facebook-Algorithmen unterhalten und „informiert“. Der 2012 eingeführte „Ich habe gewählt“-Knopf hat, sehr wahrscheinlich durch eine dadurch bewirkte Erhöhung der Wahlbeteiligung von Jüngeren, den Erfolg Obamas befördert. Mehrere Untersuchungen stellen gleichlautend fest:
Facebook ist keine neutrale Plattform, kein unbeteiligtes Medium. Facebook handelt als „aktiver player“, „mischt sich ein“ und wird zu einer immer bedeutenderen politischen Kraft, ohne demokratisch legitimiert zu sein (ohne gesetzliche Berechtigung, ohne gesetzlichen Auftrag). Niemand (außerhalb der Plattform) weiß, nach welchen Regeln oder Prioritäten Facebook handelt.

Jonathan Zittrain (Harvard Law School) war schon im Juni 2014 der Meinung, das „digital gerrymandering“, das Facebook betreibe, müsse gesetzlich geregelt werden. Die analoge Bedeutung von „Gerrymandering“ ist das Manipulieren (Vergrößern, Verkleinern, Verschieben...) von Wahlkreisen, wodurch, bei herrschendem Mehrheitswahlrecht, Wahlergebnisse verändert, sogar umgedreht werden können. Zittrain meint mit „digital gerrymandering“ die „Newsfeeds“, „Nachrichten“, mit denen Facebook seine „Juuser“ ungefragt „bedient“. Dieses „Neuigkeits-Futter“ ist individuell auf den jeweiligen Nutzer zugeschnitten. Nicht nur Zittrain ist der Meinung, dass der „Juuser“ dadurch absichtsvoll beeinflusst wird. „Nachrichten“, die ihn in seiner „Meinung“ bestärken, ihm schmeicheln, können/sollen?! seine „Meinung“ unmerklich in andere  Richtungen, oder auch „nur“ in eine andere Handlungsbereitschaft verschieben.

Facebook bezeichnet mögliche gesetzliche Regulierungen dieser/seiner Praxis als Manipulation eines politischen Willensbildungsprozesses. Mit dieser dreisten Umdeutung und Bewertung definiert Facebook seine Newsfeeds-Strategie als uneigennützige Hilfestellung bei der politischen Willensbildung seiner Kunden. Oder meint etwa Facebook in einem Anfall von Redlichkeit die Übertragung seines politischen Willens auf die „Juuser“? Tatsache ist doch, die Newsfeed-Berieselung beschmeichelt und bestätigt die Nutzer, erhöht deren emotionale Bindung, bis sie süchtig werden, sich heftig daran gewöhnen können/müssen, immer mehr Zeit auf dieser Seite, „mit diesem Scheiß“, zu verbringen.

Was ist es denn sonst, was die Macher von Facebook antreibt, so genau wie möglich herausfinden zu wollen, welche Inhalte einen individuellen Nutzer dazu bewegen, sie in ihrer „Platt“form-Öffentlichkeit zu mögen, zu kommentieren, oder weiter zu verbreiten?. Immerhin füttern sie zu diesem Zweck Maschinen-Lernsysteme mit aberwitzigen Mengen von Nutzer-Daten, um diese Prognose mithilfe künstlicher Intelligenz möglichst punktgenau herauszufinden. Dadurch, dass Facebook Nachrichten und Nutzerkommentare nach den Vorlieben des jeweiligen „Juusers“ zusammenträgt, haben sich „Communitys“ („Gemein“den, Dörfer) auf Facebook bilden können, die völlig voneinander abgeschottet sind.

Die unersättliche Größe von Facebook ermutigt (oft radikale) politische Gruppierungen, ihre Propaganda ungefiltert auf dieser Plattform zu verbreiten. Damit befördert Facebook die Entstehung von Gegen-Öffentlichkeiten („wahr“ ist nur das, was wir für „wahr“ halten), die parallel zur Wirklichkeit und unbehelligt und unbeeindruckt von Realitätschecks (Überprüfung auf ihren Wahrheitsgehalt) existieren können. Eine Studie des „Pew Research Centerhat ermittelt, dass inzwischen 44 Prozent der US-Amerikaner „ihre Informationen“ über Facebook beziehen. Wer ahnt da nicht, welchen Einfluss Facebook – vorsätzlich? oder als Kollateralschaden ihrer Strampelei nach Profit – auf die ganze Gesellschaft hat.

Im September musste Facebook zugeben, dass die Firma im Wahlkampf 2016 für kontroverse (Unruhe stiftende) politische Kampagnen Geld aus Russland angenommen hat. Brad Parscale, der Social-Media-Stratege der US-Regierung, brüstet sich ganz offen damit, dass sein Team im Wahlkampf fast täglich durch Facebook-Ingenieure in Facebook-Fragen beraten wurde. Damit ist endgültig klar: Facebooks „offene und vernetzte Welt“ ist kaum transparent, scheint aber mit obskuren (undurchsichtigen) Kreisen offenbar hervorragend vernetzt zu sein.

Also:

Die Finger weg von Facebook.

Ein bisschen weniger Bequemlichkeit, ein bisschen mehr Selbstbestimmung.

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- Chamath Palihapitiya: "Soziale Medien zerreißen die Gesellschaft

- Chamath Palihapitiya: Geld als ein Instrument für den Wechsel

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