•••BLÖÖK
03. Februar 2017


• • • Wenn es in einer Runde um ganz besonders hervorragende Drecksäcke, Verbrecher der Zeitgeschichte geht, dann kommt am Ende einer üblichen Litanei von mehr oder weniger heftig verurteilten Abscheulichkeiten, fast immer ein beinahe erleichtertes: „Aber intelligent war er!“, mit dem unausgesprochenen Nachsatz: „Ganz böse war er dann doch nicht!“.

Diese stumme, positiv gemeinte Unterstellung tritt dem Drecksack alias Verbrecher, bewusst oder nicht, virtuell zur Seite, um seine umfassende Verurteilbarkeit zu vereiteln. Vermuten wir mal, dass eine nicht offen zu zeigende Sympathie mit ihm dahintersteckt.

Dumm nur, dass sie von einem weit verbreiteten, dennoch, Vorurteil ausgeht, Intelligenz sei eine persönliche, willentlich erarbeitete und! per se gute Leistung. Intelligenz für sich ist aber im Kern keine Leistung des Wollens, sondern eine sehr komplexe Eigenschaft, die jeder Mensch mehr oder weniger ausgeprägt besitzt.

Moralisch betrachtet macht die hohe Intelligenz eines Täters seine asoziale Tat nicht weniger sträflich, sondern sogar ganz im Gegenteil. Wie allgemein unwidersprochen gilt, dass Eigentum (sozial) verpflichtet, so verpflichtet auch und gerade der Besitz hoher Intelligenz zu besonders sozialem Verhalten. Auch wenn das zeitgeistige Egomanen für total unkuuul halten.

Intelligenz ist zwar eine wertvolle und lebenserhaltende, aber doch „nur“ eine je individuelle Sammlung von Fertigkeiten, ein komplexes Werkzeug. Als solches kann Intelligenz weder gut noch böse sein. Ob sie im Einzelfall gut oder böse wirkt, entscheidet sich erst mit dem Zweck, für den sie eingesetzt wird.

Ein Messer kann zum Schälen von Kartoffeln aber genauso gut zu einem mordlüsternen Stich zwischen die Rippen eines verhassten Zeitgenossen verwendet werden.

Dass Gut und Böse unabhängig sind von der Intelligenz der jeweils Handelnden, zeigen saufende und sich mit Säbeln verhunzende Mitglieder von „Schlagenden“ Studentenverbindungen schon seit Jahrhunderten, unvorstellbare "Identitäre" Akademiker (Menschen mit Universitätsstudium) im 21. Jahrhundert, rechtsradikale Rockmusiker, ebenso wie die Tatsache, dass die größten, „erfolgreichsten“ Verbrecher fast immer höchst intelligent sind. Die mutmaßlich überdurchschnittlich intelligenten Betreiber sogenannter "sozialer" Medien machen geklaute private Daten ihrer "Kunden" zu Geld. Anstatt sich dafür angemessen an den Gemeinschaftskosten der Länder zu beteiligen, in denen sie ihre Profite machen, maximieren und privatisieren sie diese durch systematische Steuervermeidung.

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Eines der schlimmsten Beispiele böse genutzter Intelligenz ist die Rede Joseph Goebbels, als Propagandaminister, am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast: „Wollt ihr den totalen Krieg?“. Wie klarsichtig vorsätzlich destruktiv und menschenverachtend dieser Demagoge handelte, zeigt seine Bemerkung nach seiner Rede in kleinem Kreise: „Stunde der Idiotie. Wenn ich den Leuten gesagt hätte, springt aus dem dritten Stock, sie hätten es auch getan.“

- Sportpalastrede auf YouTube

- Sportpalastrede auf Wikipedia

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Ein wichtiges Beispiel für den verantwortungsbewussten Umgang mit Intelligenz ist die Rede von Richard von Weizsäcker zum 40. Jahrestag des Kriegsendes, am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag.

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"Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung.

Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Niemand wird um dieser Befreiung willen vergessen, welche schweren Leiden für viele Menschen mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten.

Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte.

Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.

Wir haben wahrlich keinen Grund, uns am heutigen Tag an Siegesfesten zu beteiligen. Aber wir haben allen Grund, den 8. Mai 1945 als das Ende eines Irrweges deutscher Geschichte zu erkennen, das den Keim der Hoffnung auf eine bessere Zukunft barg.“

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- Zentraler Ausschnitt der Rede auf YouTube

- Vollständige Rede auf YouTube

- Der Text der vollständigen Rede

- Wikipedia

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