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Kallemanns Tommy-Wald

Zu gewissen Zeiten wurden unsere Ziegen Lotte auch tagsüber an den damals noch breiten, unbewirtschafteten Streifen zwischen Wegen und Äckern geweidet.

Eine besonders häufig genutzte Ziegenweide war am Weg, der rechts ab vom Tommy-Wald Richtung Schröder führte. Mittels Halsband und einer Leine am Ring eines Eisenpflocks im Boden „stationiert“, fraßen die Lottes in kürzester Zeit einen schönen Kreis ratzekahl, so dass sie dann umgepflockt werden mussten. K!

Dieser Teil des Weges gehört zu Osterbinde. Interessant und passend dazu ist vielleicht ein Auszug aus dem Protokollbuch des Gemeinderats Eschenhausen vom 2. Februar 1949: „Für die bisher unentgeltlich überlassene Grasnutzung auf den Wegen auf dem Eschenhauser Felde sollen die Mieter in Zukunft bezahlen.“

Im Vordergrund: Reinhard, Karlheinz auf, Ludwig Hoegen vor dem Milchbock. Im Mittelgrund: Ein fast abgeerntetes Haferfeld. Im Hintergrund: Kallemanns Tommy-Wald.
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Im Rahmen solcher Hüte- oder Um-pflock-aktionen erinnere ich dunkel, dafür um so unbeirrbarer, dass der angrenzende Wald einmal das Manöver-Biwak britischer Soldaten war. Eschenhausen lag nach dem Zweiten Weltkrieg in der Britischen Besatzungszone.

Konkrete Aktionen der Tommys, Spitzname für britische Soldaten, sind mir nicht in Erinnerung. Wohl aber Tarnzelte, Fahrzeuge, alle in Tommy-Grün, Donnerbalken-Toiletten mit rechteckigen Erdaushüben da-ru/hi-nter und vor allem ein ganz charakteristischer Geruch, den ich seitdem mit „meinem“ Tommywald verbinde.

Dass ich diesen Odeur bei meinem Besuch 2009 nicht wiederfinden konnte, mag natürlich an der altersbedingt fortschreitenden Dienstverweigerung meines Riechkolbens liegen. Andererseits sind große östliche Teile dieses Waldes gerodet und heute Ackerfläche. Cheers! 

Was ich auch nicht wiedergefunden habe, ist ein Baum, der alle übrigen im westlichen Teil des Tommy-Waldes vor mehr als fünfzig Jahren überragte. Den erkletterten Reinhard und Kallemann einmal gegen Abend und ließen sich in seinen höchsten Zweigen von einem verschwenderisch grandiosen Schauspiel eines Sonneuntergangs in Richtung Bassum derart gefangen nehmen, dass sie die ultimative Ansage des Vatels total vergaßen, auf jeden Fall vor dem Dunkelwerden zuhause zu sein.

Hier könnte es gewesen sein...
Klick aufs Bild führt in die Vergangenheit.

Als uns dies im letzten Glühen des westlichen Himmels ebenso heiß wieder einfiel und wir in Windeseile vom Baum geklettert waren, standen wir auch schon im stocke düsteren Wald. Dass der Vatel, der uns entgegen gekommen war, den Kallemann nach dem Verlassen des Waldes einer deftigen Züchtigung unterzogen hat, „weiß“ ich erst viel später wieder aus den Erinnerungen Reinhards.

Für mich zählt auch neute nur dieser atemberaubende Plumps der Sonne über den Rand der Erde. Über alles andere werfe ich meinen Hut.


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