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Karrenbruch 2, Beckmann

Das erste Obdach

Karrenbruch 2, Beckmann

Zurück zur Osterbinder Straße, in Richtung Neubruchhausen. Nur eine Straße weiter, links nach Karrenbruch. Rechts am Weg, das Haus Karrenbruch 27, in dem ebenfalls einer von vielen Vertriebenen untergekommen war(? Ob ich richtig liege oder mein Bruder - wer spielt Schiedsrichter? - er erinnert ihn in Osterbinde in Richtung Bassumer Bahnhof.) Wie auch immer: Damals schon ein älterer, hagerer Mann mit Pfeife, der Stellmacher Kleinwächter, der mich mit seinen Holzarbeiten, speziell mit einem Handwagen, schwer beeindruckte. 

Kurz nach einer Weggabelung nach rechts, das erste, besser, einzige Haus links, Karrenbruch 2. Dem Schild am Haus zur Folge leben hier auch heute noch Beckmanns. Das Zimmer hinter dem ersten Fenster rechts, neben der Eingangstür an der Längsseite des Hofes, war – wenn ich wenigstens das richtig erinnere – die erste Unterkunft der Damerows in Niedersachsen. K!

Gegenüber, auf der anderen Seite des Weges, liegt ein sumpfiges Gelände mit von Rohrkolben dicht umsäumten kleinen Teichen. Hier nahm die erste Verwundung des Kallemann auf dem Felde der Mutterverehrung ihren Anfang. Muttertag: Ein, nein, DER schönste Strauß, aus den Sümpfen gerupft, und in vollem Galopp hoch gereckt zum Haus getragen: „Muttel, Muttel...“, pardauz, da lag der kleine Blumen-Hermes auf den Eingangsstufen, die ihm, zur bleibenden Erinnerung an eine - nicht die letzte - leichte Übermotiviertheit, eine Narbe am linken Jochbein verpassten. 

Im Hof vor dem Tor zur Diele, an der nordöstlichen Giebelseite des Hauses, durch das zu der Zeit noch beladene Leiterwagen ins Haus fahren konnten, hatte der Bauer in Verlängerung der Hausachse und parallel zu Scheune ein Drahtseil zu einem Holzpfahl gespannt, an dem ein Schäferhund, die Nellie, an einer langen Kette den gesamten Hof bestreichen konnte.

Dieser braven Nellie, deren Hütte ich nicht selten mit ihr geteilt hatte, und zwei zu Besuch weilenden, etwas älteren und krawalligen Jungen verdanke ich die zweite Gesichtsnarbe. Stolz neben „meiner“ Nellie stehend, mit dem rechten Arm über ihrer Schulter, schnappte die nur einmal kurz nach links, weil ich sie wohl bei der Ausübung ihrer Dienstpflichten störte, sich um die beiden lärmenden Eindringlinge ins Rudel zu kümmern und knipste mich an der rechten Schläfe durch die Haut.

Eine erste kleine Trübung des bis dahin absoluten Kallemannschen Urvertrauens in ausnahmslos alle Mitwesen der belebten Natur – außer natürlich in das furchtbare Ungeheuer, die Mutter des Trolls Grendel, die in dunklen Tiefen der Meere, Seen und des Sprungbeckens in der Städtischen Badeanstalt Bassum (siehe dort, 11.7) ihr Unwesen treibt, wie Kallemann später aus der Lektüre von Beowulf erfahren musste.


Bilder:

Karrenbruch 2, Beckmann 2009


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