"10-10-10"


- Basispass Pferdekunde

- Deutsches Fahrabzeichen Klasse IV

- Unsere Kutschen-Führerschein-Prüfung am 10. Oktober 2010


Basispass Pferdekunde

Der Basispass Pferdekunde ist Voraussetzung für den Erwerb des ersten Deutschen Abzeichens. Die Prüfung kann von Reit-/Fahrvereinen und Betrieben angeboten werden, die über eine Genehmigung des Landesverbandes (LV) bzw. der Landeskommission (LK) verfügen. Der Lehrgang wird von einem Trainer C mit DOSB-Lizenz (oder höher) geleitet.
DOSB Deutscher Olympischer Sportbund

Der praktische Teil der Prüfung

Beherrschung des sicheren Umgangs mit dem Pferd:

- Annähern an ein Pferd
- Führen, Vorführen und Anbinden eines Pferdes
- Passieren anderer Pferde
- Loslassen des Pferdes auf die Weide bzw. auf den Paddock
- Pferdepflege einschließlich Anlegen von Beinschutz
- Ausrüsten eines Pferdes einschließlich Satteln und Trensen
- Pferdeverhalten erkennen und vertrauensbildende Maßnahmen durchführen
- Grundtechniken des Verladens eines Pferdes
- Boxen- und Paddockpflege

Der theoretische Teil der Prüfung

- Pferdeverhalten
- artgemäßer Umgang mit dem Pferd einschließlich:
- Ethische Grundsätze
- Fütterung und Fütterungstechnik
- Grundlagen der Pferdegesundheit
- Stallräume, Nebenräume und Bewegungsflächen

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Für die Bewertung sind Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit dem Pferd/Pony sowie das Grundwissen über das Pferd ausschlaggebend.

Das Prüfungsergebnis lautet „bestanden” oder „nicht bestanden”. Es gibt keine Wertnoten.

Der erfolgreiche Teilnehmer erhält ein Abzeichen und eine Urkunde. Wer die Prüfung nicht besteht, kann sie zum nächstmöglichen Termin wiederholen.

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Deutsches Fahrabzeichen Klasse IV

Für alle Fahrabzeichenprüfungen ist das Achenbach- System verbindlich.

Voraussetzungen für Fahrer und Pferde

- Mitgliedschaft in einem Pferdesportverein, der einem der FN angeschlossenen Landesverbände oder Anschlussverbände angehört.
- Wer unter 18 Jahre alt ist, muss auf der Kutsche in Begleitung eines Erwachsenen sein, der mindestens das DFA IV besitzt.
- Nach einem entsprechenden Vorbereitungslehrgang erworbener Basispass Pferdekunde.
- Pferde und Ponys, die in der Prüfung eingesetzt werden, müssen
mindestens 4 Jahre alt sein und den Prüfungsanforderungen genügen.
- K-Ponies können für Jugendliche bis 16 Jahre eingesetzt werden.
- Pro Gespann sind vier Bewerber erlaubt.

Der praktische Teil der Prüfung

- Sachgemäßes Aufschirren, Anspannen, Ausspannen, Abschirren eines Ein-/Zweispänners
- Richtiges Auf- und Absteigen mit vorschriftsmäßiger „Leinenaufnahme
- Fahren und Beherrschen eines Gespanns im Schritt und Trab mit vorschriftsmäßiger Leinen- und Peitschenführung geradeaus, in Wendungen auf dem Platz, im Gelände und im Verkehr.
(gem. „Richtlinien für Reiten, Fahren und Voltigieren“, Band 5). Gefahren wird dabei ein- und/oder zweispännig. Auf Verlangen der Richter kann Gespannwechsel vorgenommen werden.

Der theoretische Teil der Prüfung

- Grundkenntnisse in der Fahrlehre und in der Handhabung des Fahrlehrgerätes
- Kenntnisse der einschlägigen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes,
- Transport von Pferden, des Straßenverkehrsrechts, des umweltverträglichen Verhaltens beim Fahren im Gelände und allgemeiner Versicherungsfragen und Rechtsvorschriften

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Wer hat bestanden?

Wer in jeder Teilprüfung die Mindestnote 5,0 erreicht, hat die Prüfung bestanden. (Bestnote ist 10,0).

Eine nicht bestandene Teilprüfung kann innerhalb eines Jahres, aber frühestens nach drei Monaten, wiederholt werden.

Wird eine Teilprüfung zweimal nicht bestanden, muss die gesamte Prüfung wiederholt werden.

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Der denkwürdige Tag:

"10-10-10"

Prüfung bleibt Prüfung, egal wie viel Zeit seit der eigenen Geburt vergangen ist! Ein bisschen Stress = Lampenfieber ist wohl immer dabei.


Das Crescendo der Vorbereitungen in der letzten Woche vor dem Prüfungssonntag, 10. Oktober 2010, "10-10-10", beginnt für Elke und mich am Dienstag um 16.30 Uhr mit unserer vorletzten (Zweier-) Fahrstunde und anschließender Theorie bis 21.30 Uhr, zusammen mit Tanja und Peter, die ihre Fahrstunde am Donnerstag haben werden. (Fünf Stunden am Stück, ist das mit Senioren wie uns eigentlich erlaubt?)

Am Freitagabend noch einmal Theorie, diesmal in Bottenhorn, bei Stefan zuhause, mit Heiko, dem Experten für Pferdeversicherungen, natürlich aus dem Hause Schwarz. Tierhalter-, Tierhüter- und Kutschen-Haftpflicht sind be-merkens-werte Wachmacher, besonders für uns zwei Möchte-gerne-einmal Pferde- und Kutscheneigentümer. Letzte Simulation einer theoretischen Prüfung, für mich, wie üblich: Na ja. 

Samstagmorgen, die letzte gemeinsame Fahrstunde. Eine durchwachsen vergeigte Generalprobe nehme ich als bescheiden optimistisches Omen für die morgige Uraufführung. Toi, toi, toi.

Kutsche und sämtliches Geschirr reinigen. Alle Lederteile einfetten oder ölen – mit Ausnahme der rutschgefährdeten Leinen-Handstücke. Stall und Hof besenrein und prüferfreundlich gestalten. Fellpflege für Sepp und Franz, die Hybrid-Bio-Kutschen-Motoren mit Hafer- und Zuwendungs-Antrieb.

Erstmals bringen wir Gamaschen und elastische Binden an ihren zarten Fesseln unter und "üben" das Verladen in den Hänger – erst die Stange, dann das Seil, ja ja. 

Für Stefan geht’s zu einer Hochzeit, für Tanja, Peter, Elke und mich in einen mit Basispass- und Fahrabzeichen-Skript-Lektüre mehr oder weniger gefüllt ausklingenden Samstag. Gefolgt von einer, für mich, seit langem wieder mal erlebten, Lampenfieber-Nacht, mit sensationellen gefühlten +- 180 Minuten Schlaf, die der Wecker dann Punkt fünf Uhr gnädig für beendet erklärt.

Noch mal alles überfliegen, entgegen aller noch so weisen Ratschläge an Generationen von Schülern: „Am Prüfungstag nur noch den Kopf leer machen!“ Tja, auch ein pensionierter Pauker ist ein ordinärer, ganz gewöhnlicher Mensch, dem es nicht immer gelingt, Fundamental-Anhänger seiner eigenen Weisheiten zu sein. Elke, die den Spruch befolgte und den Abend mit Fernsehen und die Nacht mit erholsamem Tiefschlaf verbrachte, tat dies dafür nach einer Woche mit Bauchschmerzen vor jeder Fahrt zu Fahrschule. „Jede Jeck is anders“ – wie schon der rheinische Vielosoff Hein-ten-Hoff wusste. 

Sieben Uhr, Abfahrt Richtung Marburger Hinterland, Markus und Peter steigen in Niederscheld zu. An der Fahrschule Schwarz hinter Niedereisenhausen angekommen, stellt Peter das Fehlen einer obligaten, prüfungstauglichen Kopfbedeckung fest. Wie gut, dass Elke sich in Heisterberg noch nicht zwischen Filz- oder Strohhut entscheiden konnte. Nun war es der Strohhut für sie und der aus Filz steht Peter sowieso viel besser. 

Hof, Unterrichtsraum und Pferde erhalten mit vereinten Kräften aller Prüflinge den letzten präsentablen Schliff. Stefan schlichtet mehr oder weniger nachhaltig Kabbeleien zwischen Franz und Sepp oder umgekehrt, die wohl auch nicht resistent sind gegen die Nervositäts-Viren der Zweibeiner um sie herum. Jenny (unsere Basispasslehrerin), Katta, .?. und Markus, die vier Anwärter auf die Longier-Prüfung, Peter, Elke und ich auf den Basispass und gemeinsam mit Tanja, die dieses Dokument bereits besitzt, auf das Klasse-IV-Fahrabzeichen, stehen fröstelnd und prüfungs-angst-blödelnd im Frühnebel wegbratenden Sonnenaufgang eines immer wunderbarer werdenden goldenen Oktobertages an einem Nordhang neben einem ehemaligen Bahndamm in den Ausläufern des Westerwaldes. 

8.40 Uhr – Warten auf die Prüfer, auf Wolfgang Benschus (Erster Hauptsattelmeister am Landgestüt Dillenburg) und Dieter Lauterbach (Leiter der Hessischen Landesreit- und Fahrschule Dillenburg und leibhaftiger Fahrweltmeister), eine Versammlung klingendster hippologischer Titel, die einschüchtert und beruhigt zugleich: Oh weh, die werden mir die schwebende Umgangs-Haken-Metze mit Oberstutzen-Stößel-Strupfen-Krampe ohne Kreuzschnallen-Besatz-Schoner um die Ohren hauen!? – aber nein: So viel gestandene, pferde-adelige Souveränität hat keine Profilierung auf dem Buckel Schwächerer mehr nötig?! Schaun mer mal! 

Punkt neun Uhr – die Prüfer laufen ein. Dieter Lauterbach widmet sich sogleich den vier Longier-Prüfungen, Wolfgang Benschus uns drei Basispass-Anwärtern. In einer zwanglosen Frage-Antworten-Runde lerne ich noch einiges dazu, etwa, wie wichtig Ganaschenfreiheit, die richtige Bemuskelung des Pferdehalses, O- und X-Beinfreiheit für die Eignung eines Fahrpferdes und für den Geldbeutel alias das Tierarztbudget seines Eigentümers sind. Dieser Prüfungs-Unterricht am Pferd hat mir persönlich mehr und vor allem nachhaltiger vermittelt, als noch so viele Stunden Skript-Lektüre im Kampf mit fallsüchtigen Augenlidern. 

Da es Dieter Lauterbach besonders „gut“ mit den Longierprüflingen meinte, beide Prüfungen logistisch über die Kutschen-Bio-Motoren Sepp und Franz gekoppelt sind, genehmigt er uns folglich eine besonders ausgiebige Basispassprüfung mit dem erwähnten Mehrwert und dem äußerst erleichternden Fazit von Wolfgang Benschus: „Sie haben alle drei bestanden!“ Hurra, jetzt kann auch für uns die Fahrprüfung starten, für die der Besitz dieses Dokuments Voraussetzung ist. 

Nachdem nun die beiden zauberhaften Rappwallache Sepp und Franz bereit waren, konnte das Aufschirren beginnen, wie von Stefan klug verordnet, in der Kombination Greenhorn & Vorkenntnisse, Elke & Peter und Karlheinz & Tanja. Nach dem ordnungsgemäßen Anspannen folgte dann das berühmte Simultan-Rezitieren und Praktizieren des Spruchs zum Aufnehmen der Leinen aus der Oberblattstrupfe... und da ich mich als Letzter nachgedrängelt hatte, durfte ich als erster mit der Fahrprüfung beginnen, während sich Elke und Peter mit Dieter Lauterbach zur Theorie-Prüfung in den Unterrichtsraum begaben. 

Meine Prüfungsfahrt nach und in Quotshausen, mit einem trabfreudigen Wolfgang Benschus, mit, wie ich immer noch meine, überflüssigen Bemerkungen über einen "gerade vermutlich im Grab rotierenden Herrn Achenbach" angesichts meiner Neuerungen in Sachen Leinenhaltung (komisch, stets bei etwas stressigen Rechtswendungen), mit einer Kehrtwendung links, bei der ich, neben inniger Nutzung einer Wiese rechts, partout nicht mehr erinnern kann, ob und wie ich die rechte Leine in der linken Hand hinterlegt habe, mit...
...ging nach verblüffend kurzer Zeit mit einem Brrr zuende. 

Übergabe an Tanja, und kaum dass ich auch nur auf halbem Weg zur Sicherung vor dem Gespann war, stand dort schon Lea, die Tochter von Wolfgang Benschus, wie man hört, schon in ihrem zarten Alter eine ziemlich erfolgreiche Nachwuchsfahrerin – na, dann darf sie auch ein bisschen weniger begriffsstutzig sein als ein Fahranfänger und Pensionist! 

Tanja absolviert ihre Prüfungsfahrt, wie ich meine, wie immer routiniert, mit einer atemberaubenden Millimeter-am-Verkehrsschild-vorbei-Rechtswendung, aber immerhin: vorbei! Als sie die Kutsche vor dem Unterrichtsraum zum Stehen bringt, sind Elke und Peter vernehmlich noch einige Zeit mit Dieter Lauterbach im Prüfungsraum und im Gespräch. Nachdem der sie dann doch noch zu ihrer praktischen Prüfung entlässt, schickt uns Elke mit der „beruhigenden“ Bemerkung zu ihm: „Der stellt Fragen, davon hab’ ich noch nie ’was gehört“. 

Unsere Theorie-Prüfung erzeugt denn auch, zu mindestens bei mir, ähnliche Zusatz-Lern-Effekte, wie die bei Wolfgang Benschus. Nachdem Tanja das Brustblattgeschirr summa cum laude erklärt hat, ich das Kopfstück, kommt beim Thema Ausgleichsschnallungen, speziell dem Temperamentsausgleich, die Notwendigkeit zur Sprache, das vorgelassene, "faule" Pferd anschließend auch durch treibende Peitschenhilfe zu mehr Zugleistung zu ermuntern. 

Über Liverpool- und Postkandare geht's zur Doppelringtrense, zu deren Verschnallung und schließlich zur Wassertrense – huch, was ist denn das? Aber mit etwas seniorengerechter Nachhilfe gelingt auch mir die Einsicht, dass ein solches Pferde-Lenk-Utensil für Reiter(!) nicht wie eine Kandare am Backenstück zu verschnallen ist, da sie dann nur auf den Nasenrücken wirken würde. Also auch bei dieser Prüfung, nun dank Dieter Lauterbach, ein Lerneffekt, der zwar die Punktzahl meines Prüfungsergebnisses nicht gerade in Richtung 10 verschoben, mir aber eine unerwartete, zusätzliche Einleuchtung in die Pferdewelt beschert hat. 

Das war’s. Aufatmen und hinaus in den herrlichen Spätsommertag, wo Peter, laut Elke, seine Fahrprüfungsstrecke wie gewohnt ruhig, sie die ihre ungewohnt ruhig absolviert, sich aber mit der Rasur diverser Bürgersteigkanten und einer Chaos-Links-Wendung ganz in ihrem gewohnten Rahmen bewegt hatte.

Zum korrekten Ausspannen und Ausschirren stehen nun alle vier Fahrprüflinge, immer noch unter den strengen Augen der Prüfungskommission bereit, und die braven Hauptakteure Sepp und Franz, von ihrer Arbeits"kleidung" befreit, werden von Markus und Jenny zum wohlverdienten Weidegang geleitet. 

Die Prüfungskommission zieht sich zur Ermittlung der Noten in den Unterrichtsraum zurück, die Prüflings-Herde versammelt sich erwartungsschwanger schnatternd davor, und... ... ...

...Endlich treten die beiden Prüfer, begleitet von der "Ehrenjungfrau" Lea und unserem (stolzen?) Lehrer in die strahlende Oktobersonne hinaus.

Wir haben alle! Juhu! bestanden und kommen in den losgelösten Genuss einer nicht anders als würdevoll zu bezeichnenden Verleihung der Urkunden und Abzeichen. Für mich zieht ein Hauch der Pferdesport-Moderatoren-Legende Hans-Heinrich Isenbarth durch’s Tal.

Schön war’s. 

Danke an sechs Wochen mit Fahrlehrer Stefan, Basispasslehrerin Jenny, an unsere Mitschüler Tanja und Peter, Dank auch an die Prüfer, vor allem aber: Dank an überwältigend liebe, starke Noriker Sepp und Franz!

Sepp, Stefan und Franz

Nun kann das eigentliche Fahren-Lernen mit „normalen“ Fahrpferden beginnen – honi soit qui mal y pense – à propos, trotz eines Gesamturteils von „gerade mal schwach befriedigend“ fühle ich mich heute gar nicht so weit von einem „echten“ königlichen Hosenbandorden entfernt. 

Stefan hat für uns einen Tisch im Frühschoppen-Festzelt der Hinterländer Brauhaus GmbH in Wolzhausen, der nächsten Ortschaft hinter Quotshausen, reservieren lassen. Die Hersteller eines rassigen - na was wohl - „Schwarz“-Bieres haben sich wohl auch von unserem denkwürdigen Tag "10-10-10" inspirieren lassen.
Danke auch ihnen.


Hier ein paar Erinnerungs- oder Vorstellungshilfen: 

Nach dieser tollen Erfahrung sehen Elke und ich unserem Traum von zwei braven Fahrpferden vor einer langstrecken-senioren-tauglichen Kutsche mit einem ganzen Zentner weniger Befürchtungen und einem kleinen Schatzkästchen mit begründetem Optimismus entgegen.

Mit Freude sowieso. 

Elke & Karlheinz         


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