Westerntag
des R&F Driedorf

Samstag, 8. September 2012


Das klingt ja mal nicht so irritierend provinziell fremdgehend wie ein „Bayerischer Abend in …-scheid, …-bach, …-roth“ oder so. Endlich steht der Westerwald selbstbewusst zu seiner Identität:

Westerntag in Driedorf!

Wären da nicht die vielen kleinen und großen Flaggen der Vereinigten Staaten von Amerika, die am Reitplatz des Reit&Fahrvereins im Wind flattern. Wird also wohl doch wieder kein Tag für stolzen Lokalpatriotismus.

Western? - geht es etwa um so was wie in Bad Segeberg, oder um die gleichnamige Filmgattung für Fans von John Wayne bis Brokeback Mountain? - Das wäre ja schon gar nicht so weit daneben, aber immer noch vorbei.

Schluss mit Raten – kommt doch keiner drauf:

Es geht um eine Form der Reiterei, die sich anlehnt an die Reitweise von Cowboys im Wilden Westen. Diese Kuhjungs gab es in den USA bis 1890, gerade mal höchstens 25 Jahre, und ihre Art zu reiten hatte ihren Ursprung im Arbeitsreiten spanischer Kuhhierten, der Vaqueros. Die spanische Nationalflagge ist übrigens auch sehr schön.

Vierzig Jahre später, um 1930 wurde aber eine nostalgische, romantisierte Version des Cowboys - und auch des Cowgirls - in den USA zu einer Mode Erscheinung. Es etablierte sich ein bestimmtes Image des Cowboys mit äußeren Kennzeichen Hut, Stiefel, Pferd und Waffe.

Das Titellied von "High Noon" (Zwölf Uhr Mittags), 1952.
Beachte bei 0:12 die Leinenhaltung von Gary Cooper.

Im Zuge zunehmender Nutzung von Pferden im Freizeitbereich in den Industrienationen nach dem Zweiten Weltkrieg, entwickelte sich eine Sport Variante des Cowboy Reitens.

Auch in Deutschland organisierten sich ihre Anhänger 1978 in der "Ersten Westernreiter Union Deutschland e. V." (EWU), die auf Bundesebene der "Deutschen Reiterlichen Vereinigung" (FN) als freier Verband angeschlossen ist.

Auf Landesebene sind Westernreiter-Regional-Gruppen in 15 Landes-Verbänden zusammen geschlossen. Hier geht es zum Landes-Verband Hessen.

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Das alles "weiß" ich, der absolute reiterliche Grünhorn, weil es Wikipedia gibt, und aus dem gleichen Grund "weiß" ich inzwischen auch, wofür die Disziplinen stehen, die zum Wettkampf in Driedorf ausgeschrieben sind:

Reining

Reining (Reins = Zügel) ist die in Europa momentan populärste Disziplin. Reining wird auch als die Dressur im Western-Reitstil genannt, mit vielen rasanten Lektionen in präziser Ausführung.

Diese Disziplin wird im Galopp geritten, gemischt mit Tempowechseln, Drehungen (Spins), Stopps (Sliding Stop) und Rückwärtsrichten (Back up).

Um diese Disziplin richtig ausüben zu können, haben die Pferde spezielle Hufeisen (Sliding-Eisen) und auch der Boden muss geeignet sein.

Eine vorgeschriebene Aufgabe (Pattern) ist auswendig zu reiten. Zu den Manövern zählen Spins, Sliding Stops, Zirkel, fliegende Galoppwechsel, Roll Back, Speed Control und Rückwärtsrichten.

Reining ist seit April 2000 offiziell als FEI-Disziplin anerkannt und Bestandteil der Weltreiterspiele.

(Western) Pleasure

Pleasure wird in Gruppen geritten, bei der die drei Grundgangarten (Schritt/Walk, Trab/Jog, Galopp/Lope) sowie das Rückwärtsrichten und unter Umständen auch der extended Trot am angemessen losen Zügel und auf beiden Händen verlangt wird.

Wie der Name sagt: Es soll ein Vergnügen sein. Der Richter gibt an, was die Reiter tun müssen. Pleasure-Prüfungen unterscheiden sich durch die individuellen Vorgaben des Richters.

Die Übergänge sollen exakt ausgeführt werden, wobei die Hilfen möglichst fein sein sollen. Dadurch wirkt es auf die Zuschauer sehr mühelos, verlangt aber von Reiter und Pferd ein Höchstmaß an Konzentration.

Bewertet wird vor allem die Reinheit der Gänge (Takt), die Haltung des Pferdes, sowie die Rittigkeit bei den Übergängen. Trab (Jog) und Galopp (Lope) sollen in langsamen Tempo und möglichst weich geritten werden. Auch das Gesamtbild von Reiter und Pferd wird hier bewertet.

Horsemanship

In diesem Wettbewerb werden die Leistungen des Reiters beurteilt. Zur Bewertung kommen unter anderem die Hilfengebung und die Haltung des Reiters während der einzelnen Lektion.

Die verlangte Aufgabe muss sehr exakt ausgeführt werden, was auch eine enorme Kontrolle des Pferdes voraussetzt. Es sind keine spektakulären, dafür aber sehr Anspruchs volle Manöver, die an Pferd und Reiter gestellt werden.

Die Prüfung besteht aus zwei Teilen, von denen der erste zu 80% in die Wertung eingeht. Im ersten Teil absolviert der Reiter eine zumeist kurze, aber umso exakter auszuführende Einzelaufgabe, die auch Pattern genannt wird.

Der zweite Teil, die Railwork, der zu 20% in die Wertung einfließt, entspricht einer Pleasure-Prüfung. Hierbei kann der Richter bestimmen, ob er alle Teilnehmer an der Pleasure teilnehmen lässt.

Im Gegensatz zu einer Pleasure-Prüfung wird hier allerdings weiterhin der Reiter beurteilt. Macht der Reiter einen Fehler, so bekommt er für diese Aufgabe weniger Punkte oder gar keine.

Trail, geritten(?)

Beim Trail werden Geschicklichkeits Aufgaben gefordert, wie z.B. ohne Absitzen durch Weidetore zu gehen, was kontrollierte, exakte Bewegung des Pferdes in alle Richtungen erfordert (Rückwärtsrichten, Seitgänge), oder überqueren von Holzbrücken, wobei Gelassenheit und Vertrauen des Pferdes zum Reiter sichtbar werden.

Es werden alle möglichen und unmöglichen Situationen simuliert, die einem Reiter im Gelände (auf einem Trail = Wanderritt) begegnen können.

Hierbei ist es wichtig, dass sich das Pferd ruhig, selbstständig und geschmeidig, ohne große Einwirkungen des Reiters, durch die Hindernisse bewegt, sich aber trotzdem jederzeit zentimetergenau dirigieren lässt.

Die Prüfung besteht meist aus sechs Hindernissen. Immer dabei ist das Tor, ein Überreiten von mindestens vier Stangen (im Schritt, Trab oder Galopp, auf gerader oder gebogener Linie) und ein Hindernis, das rückwärts zu durchreiten ist (L, U oder ähnliches).

Die Abstände der Stangen oder der Hindernisse zueinander sind reglementiert. Die Gangart zwischen den Hindernissen ist ebenfalls vorgegeben.

Die Wertung beginnt wie bei der Reining bei 70 Punkten. Davon zieht man Fehlerpunkte ab, z.B. fürs Anschlagen an Stangen. Auch die Manier des Pferdes am Hindernis (Ruhe, Kopfhaltung, Aufmerksamkeit) fließt in die Bewertung ein.

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Der Wettkampf heute ist ausgeschrieben für Einsteiger, Freizeitreiter und "offen", also für alle anderen, vom Fortgeschrittenen bis zum Trainer und sonstige Profis, wenn ich das richtig verstehe.

Gemeldet wurden 23 Pferde und 27 Reiter/innen. Darunter fast ein Viertel Reiter, immerhin sechs Cowboys. Bravo Jungs – Weiter so! Das sage ich euch, denn schon das Zuschauen machte Spaß. Über die sportliche Qualität der heute gebotenen Leistungen kann ich natürlich nicht die Bohne sagen.

Die Zahl der Zuschauer, die nicht zum familiären und sonstigem Anhang der Wettkämpfer zählten, kann sich ganz bestimmt mit der bei den Fahrertagen messen. Dennoch, die Außenwirkung der Vereinsaktivitäten bleibt weiterhin eine dankbar zu bearbeitende Baustelle für Phantasie begabte Sozial-Technik-Designer der modernen Mediengesellschaft.

Ein Nachmittag als Helfer von Elke an der „Bar“ bescherte mir im Kaffee- und Kuchen-Container gar nicht mal den übelsten Platz. Immerhin brachte ein wahrhafter Sommertag im Frühherbst 2012 noch einmal schweißtreibende Sonnen Stunden für alle, die "open air" und ohne Schattenspender agieren durften oder mussten.

Wenn man also schon mit dem Wetter so viel Glück hat, dann kommt halt auch noch kein Pech dazu. Die Veranstaltung verlief ohne geringstes, mir zu Ohren gekommenes Malheur. Ich kann mich nur an fröhliche Gesichter erinnern.

Also, bis zum nächstes Mal:

Westernreiten im Westerwald! Meinetwegen ganz ohne Lokalpatriotismus.

Karlheinz

Zu ein paar großen Bildern

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