Später Pferdebesitz 2012

Auch eine existenzielle Zwischenbilanz

Zum neuesten Stand: "Büffel" lahmt

von Elke & Karlheinz


Droomwals,
Traumwalzer, der Vater unserer Beiden


Auf der Suche nach einer Kutsch-Beteiligung lernen wir durch Vermittlung eines Pferde Fachmannes und ehemaligen Fahrers Mitte März 2011 zwei zwanzigjährige Kutschpferde kennen. „Vielleicht sind es ja die beiden, die Ihr zum gemütlichen Senioren-Kutsche-Fahren sucht“.

Bis Ende Mai fahren wir erst mal Pkw, zehn Wochen lang jeden Morgen 18 km von Heisterberg ins Dilltal (2.700 km), wo wir die beiden kennen lernen.

Den „Sportler“, den eher vollblütigen Chef in einer engen Zweierbeziehung fast gleich alter Söhne des selben Gelderländer Vaters von verschiedenen Müttern. Und den wuchtigeren, mit mehr Merkmalen eines Gelderländers und "Liebling der Herzen", den „Büffel“.

Wir füttern sie den Angaben des Besitzers(*) entsprechend, führen sie zum Anweiden und zurück und lassen sie auf dem Platz Runden laufen.

Auf unseren Wunsch demonstriert der Besitzer vor dem Kauf der Pferde mir, Karlheinz, die Tauglichkeit des „Sportlers“ als Fahrpferd mit einer Fahrt vor einer einspännigen Kutsche.

Beide Pferde gemeinsam als Zweier-Gespann erleben wir erst bei unserer, Elke und meiner ersten eigenverantwortlichen Fahrt im Oktober 2011 und eine Woche später, als der Vorbesitzer mit einem eigenen Kofpstück für den "Sportler" eine 5km-Fahrt mit den Beiden lenkt.

Die Ankauf-Untersuchung durch einen Tierarzt ergibt bei beiden Pferden keine gravierenden Mängel, und am 10. Mai 2012 kaufen wir sie schließlich für optimistische 3.000 Euro. Sie könnten uns schließlich doch gerne noch die nächsten zehn Jahre erhalten bleiben?!

Für weitere 5.000 Euro, die wir als Kredit bei der Sparkasse aufnehmen, erwerben wir vom Vorbesitzer der Pferde eine Marathon-Kutsche, ein Brustblatt- und ein Kummet-Geschirr, sowie diverse andere Zubehör-Teile wie Geschirrwagen, Decken... Der Kauf des Kummet-Geschirrs, einer Maß Anfertigung für genau diese beiden Pferde, ist ein weiterer Ausdruck des bereits strapazierten Optimismus. Es hat für uns nur einen Nutzen, wenn und so lange beide Pferde gesund sind.

Nachdem wir die halbe Miete für den Monat Mai für nun unsere Pferde im Dilltal gezahlt haben (230 Euro), stehen die beiden seit dem 1. Juni 2011 in ihrem neuen Stall im Erdbachtal. Die 6 Kilometer von Heisterberg dahin (ca. 360 km pro Monat) fahren wir jeden Morgen um acht, zum Füttern, Misten, Putzen, und wenn das Wetter es zulässt, zum Longieren oder zur Bodenarbeit auf dem Reitplatz.

Dann bringen wir sie ca. 800 Meter zur Weide. Im Sommer holen wir sie um 19.30 Uhr, bzw. jeweils eine Stunde vor Sonnenuntergang von dort zurück in den Stall, zum Putzen und „Füttern“(*).

Für Unterkunft (Stall-Box), Verpflegung (Heu und Wasser), Weidegang im Sommer und ein waches, erfahrenes und beratendes Auge(!) zahlen wir pro Pferd monatlich 165 Euro. In eigener Verantwortung versehen wir die Pflege der Beiden, die Reinigung der Boxen und die Wege zur und von der Weide. Im Fall unserer Verhinderung (Urlaub, Krankheit) wird dies für entsprechende Gebühren vom Hof übernommen.

Wie es allgemein üblich ist, stehen auch alle Pferde dieses Hofes im Sommer ganztägig auf der Weide. Unsere Information vom Vorbesitzer war, dass unsere Beiden ihr ganzes Leben nachts im Stall verbracht haben. Auch angesichts ihres Alters woll(t)en wir ihnen die vermeintlich stressende „neue“ Erfahrung, die Nacht unter freiem Himmel, ersparen.

Die entsprechende Nutzung der Boxen auch im Sommer Halbjahr kostet monatlich zusätzlich 20 Euro pro Pferd. Wir zahlen so, umgerechnet auf das gesamte Jahr, 175 Euro, also 350 Euro monatlich für beide. Ohne die sonstigen Kosten (für Hufschmied, Arzt, Halfter, Fliegenhauben, Kristall Kraft, „kleine“ Medikamente, Möhren, Äpfel, …) sind uns die Beiden pro Jahr 4.200 Euro an reinen Pensionskosten wert.

Im Sommer 2012 erfahren wir vom Vor-Vorbesitzer: „Bei mir waren die beiden auch nachts auf der Weide“. Nachdem Humanmediziner Mitte August meine schmerzende Linke Ferse als Achillessehnen Riss erkennen, falle ich für die Führarbeit aus. Elke will sich den Weg zur und von der Weide mit beiden Pferden gleichzeitig nicht zumuten. Unsere beiden „klebenden“ Brüder vollführen Schrei-Orgien, sobald sie sich nicht mehr sehen, was wiederum unvermeidbar ist, wenn man sie einzeln, nacheinander zur Weide bringt.

So wird meine „Versehrtheit“ der Anlass für den Versuch, die beiden auch nachts auf der Weide zu lassen. Und siehe da, es funktioniert. Je ein Pflege- und „Futter“-Besuch (Mineralien, zwei Möhren, Apfel- oder Birnenstücke, ab und zu ein trockenes Brötchen) morgens gegen 9.30 Uhr - bei Fliegen-Alarm mit Anlegen der Fliegenmasken, bei akutem Bremsen-Alarm auch mit dem Verpassen eines Franzosen-Öl-Parmüms - und abends gegen 19 Uhr mit der Abnahme der Masken, bei offensichtlich rundum zufriedenen Pferden auf der Koppel. Ein knapper halber Hektar Weide, die inzwischen sehr pferde-diät-freundlich abgegrast ist.

(*) Ernährung

Folgende Futterliste/n übernehmen wir vom Vorbesitzer:

Für den "Sportler":

je morgens und abends:
KEIN HAFER!
1/2 500-g-Becher Müsli
1 Hand Bierhefe
¼ 500-g-Becher Möhren-Schnitzel
1/8 Mess Becher Magnesium
1 Hand Mineralien
1 Apfel / Karotten
1 Brötchen
umschütteln

Für den "Büffel":

je morgens und abends:
1/3 500-g-Becher Hafer
1 Händchen Müsli
1 Hand Bierhefe
¼ 500-g-Becher Möhren-Schnitzel
1/8 Mess Becher Magnesium
1 Hand Mineralien
1 Apfel /Karotten
1 Brötchen
umschütteln

So lange Weidegang möglich ist, geben wir anfangs abends ein Heunetz mit 5 bis 5,5 kg Inhalt (mit einer Personenwage ermittelt). Ohne Weidegang, im Winter, erhalten die beiden morgens und abends jeweils ein volles Heunetz, insgesamt also 10 bis 11 Kilogramm Heu pro Tag. Zusätzlich Karotten und/oder Rote Beete und Apfel/Birne.

Dies führt zu einer Gewichtszunahme bei beiden Pferden. Ihr Zahnarzt erlebt sie vor und nach dem Winter 11/12, und er bemisst die Menge an Sedierungs-Mitteln für die jeweilige Dauer seiner Zahnbehandlungen nach dem von ihm geschätzten Gewicht. Danach meint er, dass sie im Winter je 20 kg zugelegt haben und der "Sportler" nun 630 kg und der "Büffel" 690 kg wiegt. Seine Gewichts-Schätzungen und daraus abgeleiteten Dosierungen des Betäugungsmittels sind jedes Mal so gut, dass beide Pferde stets exakt zum berechneten Behandlungsende wieder wach werden.

Wir verringern daraufhin die Heufüllung der Netze und reduzieren die Möhren- bzw. Rote Beete Gaben. Nach unserem Eindruck haben die beiden seitdem abgenommen.

Was uns bisher jedoch noch niemand(!) plausibel erklären konnte, ist, was der Spruch: „Heu satt“ konkret bedeutet. Meint das: Pausenlos, also Tag und Nacht, Zugang zu Heu? Oder …mal täglich …kg? …?

Unser „Büffel“ lahmt!

Leider am 8. September 2012 immer noch.
Siehe...

Training

Vom Vor-Vorbesitzer erfahren wir, dass er die Pferde nach der Winterpause eingefahren (= ?) und zum Winter hin ausgefahren (= ?) hat.

Hilfen

Als Kutsche Fahr-Anfänger mit Pferde Erfahrung aus neun Fahrschulfahrten, bestand unser Repertoire von Einwirkungen auf die Pferde aus:

Stimme: „Und komm“ = Start. „Teerab“ = Wechsel in den Trab. „Scheeritt“ = Schritt. „Brrrt“ = Stop

Leine: Kurzes Annehmen der Leinen vor jedem Stimm- oder sonstigen Signal; Rechts nachgeben, links annehmen = Linkskurve; entsprechend rechts herum und Kehrtwendung mit Vorgreifen auf der entsprechenden Seite. Alarm-Stop mit Vorgreifen auf beiden Leinen.

Peitsche: Keine praktische Übung. Erwähnung als Einwirkungs-Möglichkeit, als treibende oder stellende „Hilfe“.

Neben der Information, dass gefällte Baumstämme am Wegesrand den „Sportler“ und „Chef“ der beiden beunruhigen, gab uns der Vorbesitzer auch die, dass ein scharfer Pfiff die Beiden von jedem Ort der Koppel veranlasst, zum Eingang zu kommen.

Am ersten Tag eines Longier-Lehrgangs finden wir dann schließlich Ende Juli 2012 das Signal, das den „Sportler“ parieren lässt: Ein kurzes „Brrit“ in hoher Stimmlage funktioniert in allen Gangarten zuverlässig als „Bremse“.

Immerhin fünfzehn Monate nach dem Erwerb eines Zweier Gespanns haben wir damit das „Handwerkzeug“ beisammen, das wir für seine verantwortbare Nutzung brauchen.

Longieren

Vom 28. Juli bis zum 22. August 2012 absolvieren wir einen Lehrgang unter Leitung eines ausgewiesenen Fachmannes. Eine sehr empfehlenswerte, erhellend informative Veranstaltung.

Facit

Neben laufenden Kosten zwischen 400 bis 600 Euro monatlich, verfügen wir momentan über ein (gesundes) Fahrpferd für ein Zweier-Gespann.

Zu hohes Körpergewicht und/oder zu wenig?, zu viel?, falsche? Belastung, welcher Art?, das Alter(?), führten zur Lahmheit des zweiten. Im Falle des schlimmsten Verlaufs, Ruhestand(!) für den "Büffel", und wenn wir daran festhalten, Kutsche zu fahren (!), dann bleibt uns nur übrig, eine Einspänner Kutsche und ein Einspänner Geschirr zu kaufen.

Die Zweispänner-Geschirre, das Brustblatt- ebenso wie das Kummet-Geschirr als Maßanfertigung für genau diese beiden Pferde sowieso, wären dann hundert prozentige Fehlinvestitionen.

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Jedes Pferd kann erkranken, 21 Jahre alte Pferde noch eher. Damit dieses Risiko nicht beim Verkäufer sondern allein beim Käufer liegt, steht in jedem Kaufvertrag die übliche Floskel: „wie besehen“.

Gerade Anfänger, die wenig wissen und noch weniger Erfahrung in Sachen Pferde und deren Haltung haben, sind daher dringendst auf guten Rat angewiesen. Die Mitgliedschaft in einem Pferdesport Verein verspricht, dort den notwendigen Sachverstand und gute Ratgeber zu finden.

Allerdings, Experten (auch noch gute) Fragen stellen zu können, setzt bereits ein Minimum an Fachwissen beim Fragesteller voraus. Etwa darüber, dass „nicht ganz einfache“ Sportpferde im Alter eben „nicht einfacher“ werden, sondern immer noch „volle Kanne“ gehen wollen, auch wenn betagtere Fahr-Anfänger auf dem Bock sitzen?

Egal, wir freuen uns nach wie vor über jeden guten Rat. Ganz besonders menschlich und unbezahlbar ist der, wenn er uns ganz unerwartet und ganz „ungefragt“, aus rein empathischem Interesse und Fürsorge gegeben wird.

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Vollkommen unabhängig von allen anderen Zusammenhängen fahren wir unverändert jeden Tag mit guten Gefühlen und freudiger Erwartung zu unseren beiden Lieben.

Wir wünschen dem „Büffel“ ganz ganz fest, dass es uns mit ihm gemeinsam gelingen möge, das schmerzende Geschehen, worin auch immer es bestehen und wo auch immer es in seinem Körper ablaufen mag, zu verscheuchen. Er wird unser "Büffel" und bei uns sein, solange er uns "sagt", dass er gerne lebt.

Es mag an ein paar Stellen dieser Zwischenbilanz nicht unbedingt so klingen. Sie ist dennoch positiv, auch wo es um die Kosten geht. Pferde sind nun mal kein billiges Hobby.

Vollends positiv aber ist unsere emotionale Bilanz. Wir möchten keinen Tag mit unseren beiden, unserem „Sportler“ und unserem „Büffel“ missen. Die Zeit mit ihnen war bis hierher schon ein großes existenzielles Geschenk, ein Glück.

Wir werden jeden neuen Tag genießen, ganz egal, wie oft wir mit ihnen Kutsche gefahren sind oder noch fahren werden.

Im September 2012,

Elke und Karlheinz


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