Hurra,
nun sind wir
die Menschen-Eltern
von zwei sehr erwachsenen Pferde-Kindern! 


Am Dienstag, den 10. Mai 2011, um 22 Uhr, wurde uns mit dem Segen ihrer zweiten Mutter die Ehre zuteil, Eltern-Pflichten für zwei stramme, "gelegte" Jungs mit Namen Jaron und Jankid übernehmen zu dürfen. 

Doch, zurück auf "Anfang". 

Nach unserer ersten Annäherung an das Kutschefahren durch den Erwerb des Fahrabzeichens war es Otfried Endler, Vorsitzender des RuF Driedorf und ehemaliiger Zweier- und -Vierer-Gespann-Fahrer, der uns bei der multiplen Suche nach Pferden, Weide, Stall und als Überganglösung einer Kutschbeteiligung, neben vielen guten Informationen den entscheidenden Tip gab:
„Fahrt doch mal nach Edingen. Dort, auf dem Birkenhof stehen die Pferde von Silvia Hagemeyer. Sie ist Sport-Fahrerin und arbeitet gerade ihr neues junges Pferd Wolfi ein. Schaut doch mal, ob ihr nicht ihre beiden älteren, meine ehemaligen Fahrpferde, Jaron und Jankid bewegen dürft?!“. 

Gesagt, getan, und Silvia und Mutter Gabi Hagemeyer, passionierte Pferdenärrin und beherztes Mädchen für alles hinter der erfolgreichen renommierten Fahrerin und Tochter, lassen uns nicht nur nicht abblitzen. Schnell wird klar, dass sich beide, über eine mögliche Kutschbeteiligung hinaus – wenn auch mit schwerem Herzen –, sogar ein gutes neues Zuhause für die beiden "alt"gedienten, lieben Gelderländer Rapp-Wallache vorstellen könnten.

Jaron & Jankid (Jongkind), 13. Mai 2011

Schon bald pendelten die Damerows allmorgendliche 40 Kilometer zwischen Heisterberg und dem Birkenhof von Familie Petra und Peter Hofmann in Edingen, der Vollpension von Silvia Hagemeyers Klein-Herde. Zweck der optimistischen Übung: Aufbau von Kontakten zwischen zwei bestens ausgebildeten 20jährigen Fahrpferden und zwei biologisch mindestens gleichaltrigen Möchtegern-Kutschern und Pferdehalter-Novizen.

Gleichzeitig werden Weide- und Stallsuche in und um Heisterberg mit neuem Schwung, wenn auch mit altem Null-Erfolg betrieben, und Peter, unser Mitlehrling beim Fahrkurs, bietet uns - sehr beruhigend - , „zur Not“ eine seiner Weiden an: „So lange bis Ihr etwas gefunden habt“ – Riesig! Danke, Peter!

Der tägliche Umgang mit den Pferden wird unsere erste „richtige“ Lerneinheit in Sachen „Pferde verstehen“. Besonders zwei Erlebnisse mit dem sechsjährigen Hannoveraner Fuchswallach Wolfi sollten „meinem Bild vom Pferd“ zwei äußerst intensive Realitäts-Duschen, nicht zufällig im wahren Wort-Sinne von „Pferde-Bildung“, verpassen.

Wolfi I 

Nichts für ungut, liebe Fahrabzeichen- und Basispass-Lehrer, sicher habt Ihr uns inständig davor gewarnt, ein Pferd am Führstrick "vorgehen" zu lassen. Aber Theorie ist eben Theorie und ein sechsjähriger, lieber "Halb"starker in vollem Saft, mit intelligenter Spielfreude, neugieriger Unrast und einem ausgeprägten „Schaber im Nacken“ beförderte meine 90 Kilo Pferde-Greenhorn auf dem Weg zur Anweide als postwendende Quittung für diesen „Bitte-nach-Ihnen“-Fauxpas, nur Sekundenbruchteile zu lange am Führstrick festgehalten, in beeindruckend unvorhergesehener Weise in die raketendynamische Horizontale, mit nachfolgender, sämtliche Rippen nachhaltigst sensibilisierender Bauchlandung. 

Der Monty-Roberts-inspirierten Stallnachbarin sei ein ganz großes Pferde-Dankeschön gesagt: Sie bekam den Führstrick des froh in Richtung seiner letztjährigen Weide davon getrabten, immer noch anhaltend erregten Wolfi zu fassen, nachdem sie sich ihm, beständig ruhig mit ihm redend, langsam in der Hocke(!) angenähert hatte. Und so führte sie, zu meiner tiefsten Bewunderung, den (nun?) offensichtlich „lammfrommen“ Wolfi, unversehrt(!) zurück in seine Box.

So wurde Wolfi einer der ersten, mit Sicherheit aber mein bisher beeindruckendster "Lehrer auf vier Hufen".

Wolfi II 

Fast täglich lassen wir Jaron, Jankid und Wolfi auf dem Reitplatz ihre Runden drehen. Mit gezeigter Fahrpeitsche und Stimme üben wir uns darin, sie mehr oder weniger erfolgreich zu motivieren, durch Kommandos wie "Auf geht’s", "Scheeritt", "Teerab", von "Brit" bis "Brrrrrrt", von "So ist brav" bis "Fein" und, vor den Ecken des 20x40m-Platzes, mit einem vorsorglich energischen "Weiter!" die Neigung zum dort "Einparken" zu verringern. 

Besonders zu Beginn dieser Bewegungseinheit drückt sich in der Dreiergruppe einerseits der Alters- und Temperaments-Unterschied zwischen dem sechsjährigen Wolfi und den zwanzigjährigen Jaron und Jankid, andererseits die Rangfolge zwischen dem Chef Jaron, dem Vize Jankid und dem Jungspund Wolfi, in immer wieder wechselnden, mal „falschen“ Laufreihenfolgen – Wolfi vorn, weil zu schnell – in zurechtweisendem Jagen durch Jankid, aber auch durch, allerdings deutlich zurückziehendes, freundschaftlich respektierendes Verteidigungs-Auskeilen, meist von Wolfi... 

Doch zu Lerneinheit #2:

Bei zwei dieser Bewegungseinheiten kam es zu einem „Join up“ mit „Follow up“, wenn es das war, was Monty Roberts als Geste der Bereitschaft des Pferdes zur Mitarbeit, beschreibt.

Beim erstenmal hatte ich keine Ahnung, wie es dazu gekommen war, dass der selbe Wolfi, der mich ein paar Tage vorher in den Orbit befördert hatte, nun die Außenbahn der Reitplatz-Runde verließ und mir sein molliges Maul in den Rücken stupsend folgte. Was war mein Beitrag zu diesem Verhalten gewesen? Oder hatte Wolfi nur den Platz hinter mir gesucht und gefunden, weil er dort nicht mehr „arbeiten“ musste?...

Beim zweitenmal konnte Elke den Augenblick realisieren, der diesem Verhalten vorausging:
Jaron, Jankid und Wolfi laufen in eben dieser, ihrem Rang gerechten Reihenfolge. Wolfi lässt abreißen, bleibt zurück und kommt nach innen, hinter meinen Rücken und folgt jeder meiner Bewegungen. Silvia sagt: „Er fühlt sich sicher bei Dir“. Und ich glaube ihr nur zu gerne. Ein schöner Gedanke, ein gutes Gefühl. 

Dieser zweiten Lerneinheit von Lehrer Wolfi entsprechend erlebten wir bisher viele kleine Momente des Vertrauter-werdens zwischen Jaron, Jankid und Elke, Karlheinz. Die anfänglich große Skepsis: „Werden wir jemals einen „Draht“ zu den beiden bekommen, so dass wir mit einigermaßen gutem Gewissen hinter ihnen auf den Kutschbock steigen dürfen?“, ist nun doch einer zunehmend begründeteren Voraussicht gewichen, dass wir das mit Hilfe unser Lehrmeister Jaron, Jankid und natürlich Wolfi „packen“ werden. 

Aber nicht nur auf der "Beziehungsebene" gab es Anlass zu Optimismus, auch auf unserer Suche nach einem Pensionsplatz mit etwas weniger weiter Anfahrt, wurden wir fündig. Wir waren schon oft, neugierig den Kopf drehend, daran vorbeigefahren, am Hof der Familie Saalbach am Ortsausgang von Breitscheid nach Medenbach, nur sechs Kilometer von uns in Heisterberg entfernt.

Elke kam ganz ohne Vorwarnung auf die Idee: „Fragen wir da doch mal!“, und tatsächlich hätten Jutta und Werner Saalbach zwei Boxen für Jaron und Jankid frei, und sie würden sie auch für deren Stockmaß vergrößern. Wie Jutta sagt: „Was nicht passt, wird passend gemacht“.

Und noch ein zuversichtlich stimmendes Mosaiksteinchen: Eine forsche Fahrt, mit Jaron vor dem Trainings-Marathonwagen, navigiert von Meisterin Silvia, aus dem Dilltal hinauf Richtung Greifenstein und zurück zum Birkenhof. Eine beeindruckende Fahrdemonstration eines immerhin Senioren-Kutschpferdes von Schritt bis Galopp und zurück. Und Jaron musste nicht ein einziges Mal um mehr Engagement gebeten werden, eher das Gegenteil. So sieht für mich kein "altes" Pferd aus, und Silvia konnte mit Recht sagen: "Ich bin stolz auf Jaron!".

"Fliegenjagd"
auf den Reitplatz des Birkenhofs
am 18. Mai 2011

Ja, was steht denn nun noch einem Abenteuer „Kutschefahrende Senioren“ im Wege?

Otfried Endler, der erste Menschen-Vater von Jaron und Jankid, der die beiden Gelderländer als Dreijährige 1994 in Holland kaufte, hat sie fast zehn Jahre lang, bis etwa 2003 gefahren. Nach einiger Zeit ist dann Silvia bei ihm "eingestiegen", hat das Ein-mal-Eins des Fahrsports gelernt und ist schließlich vorrangig mit Jaron und im Einspänner mit zunehmendem Erfolg auf Turnieren gefahren.

Mit dem 5. Mai 2006 ist dann Jaron, verbands-urkundlich bestätigt, in den Besitz des Hauses Hagemeyer übergegangen. Nachdem Otfried Jaron und Jankid zwischen 2003 und 2006 "losgelassen" und der jungen Nachwuchs-Fahrerin Silvia als deren erster Menschen-Mutter anvertraut hat, wäre es nun an ihr, eben dies mit den beiden treuen Mitstreitern auf vielen Fahr-Turnieren zu tun, besonders Jaron, mit dem sie die meisten sportlichen Erfolge erfahren hat. Aber auch Mutter Gabi fiele es sichtlich schwer, sich von Jaron und Jankid - zu mindestens gefühlt - zu trennen.

Ein gemeinsamer Besuch bei den Saalbachs in Breitscheid vermittelt Vertrauen in die Aussicht auf ein gutes neues Zuhause für die beiden Lieben und vor allem, dass sie ja nicht „aus der Welt“ sein würden, auch wenn sie nun zwei neue Menschen-Eltern hätten.

Uns scheint dann aber wohl die Entscheidung Silvias für eine Fortsetzung ihrer sportlichen Karriere, gemeinsam mit dem jungen Wolfi, ein Weiteres und Entscheidendes dazu beigetragen zu haben, dass Elke am Dienstag Nachmittag, 10. Mai 2011 der unvermutete Anruf Silvias erreichte: „Wenn Ihr wollt, komme ich heute Abend vorbei und wir besiegeln den Verkauf, Zug um Zug“.

Und, halleluja – um 22 Uhr dokumentierten dann die Unterschriften unter dem Kaufvertrag und ein Handschlag den Übergang der Verantwortung für zwei Pferde, zwei wirklich groß-artige Lebewesen, an uns, so ganz mit Haut und Haaren, das erste Mal im Leben.

Ein erhebendes Gefühl und der Wechsel in einen neuen Zustand der Gebundenheit – wohl wahr: Aber schon die Wochen allmorgendlichen Weckrufs - für mich, um sechs Uhr dreißig, Elke wie üblich schon 15 Minuten früher - waren keine Last, eher erwartungsvoll erregte Spannung vor der Herausforderung von etwas absolut nicht vollständig Kalkulierbarem aber in gleichem Maß Belohnung Verheißendem.

Hier geht's zu ein paar Bildern aus dieser aufregenden Zeit.

Bis Ende Mai fahren wir nun zu „unseren“ beiden, Jaron und Jankid, nach Edingen (uns = Silvia, Gabi, Elke, Karlheinz). Bis auf die Woche vom 22. bis 29., in der wir schon lange „Zigeunerwagen-fahren“ am Südrand der Vogesen bzw. am Nordrand der Franche Comté (Burgund) gebucht haben.

Der große Gelderländer-Umzug von Edingen nach Breitscheid, im Pferde-Laster von Silvia - das lässt sie sich nicht nehmen -, wird am Montag oder Dienstag, 30. oder 31. Mai stattfinden - wenn ich mich nicht irre!?.

Karlheinz

Fortsetzung folgt...


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