Freitag, 27. Mai 2011,

15 Kilometer
von La-Basse-Vaivre
nach La-Scie-Goguette
(4 Esel, 1 Pony und 1 Ziege)

Etappe # 5

Um 10 Uhr verabschieden wir uns von Raymonde und Claude auf eine der beiden längsten und für DEVISE wohl die härteste Etappe der Woche.

Gott-sei-Dank bei nicht mehr ganz so tropischen Temperaturen, etwas Wind und ganz zum Schluss mit einigen deftigen Regenschauern.

Der erste, im Plan vorgesehene Rastplatz vor Pont-du-Bois liegt sehr einladend, unter einem dicken, schattenspendenden Baum in einer Wiese.

DEVISE genießt das Gras, Wasser, einen Apfel und natürlich: eine kleine Mittagsportion Granulé.

Auf der anderen Straßenseite ein sehr schönes, aber wie so oft hier, verlassenes Haus, dem die Vergangenheit mit seinen letzten Bewohnern und Möbeln traurig, aber auch Vieles erzählend durch die Fensterläden schaut.

Nach ausgiebiger, mehr als 90-minütiger Pause geht es im gewohnten ruhigen Tempo weiter bis Montmotier. Die Routenkarte zeigt es, der Routenplan sagt es eindeutig, hier sollten wir links abbiegen ...

Nichts da, bedeutet uns DEVISE. Ihr Kopf folgt zwar kurz dem Leinenzug des Kutschers in diese Richtung, der Rest ihres nicht gerade massearmen Körpers zieht den Wagen jedoch unbeeindruckt weiter geradeaus in Richtung Fontenoy-le-Château.

Nach einigem erneuten Nachlesen und ihrer sicheren Analyse kommt Copilotin Elke zum Schluss: Hier sind wir falsch. Also, Anhalten, Absteigen, Madame DEVISE am Halfter wenden und dann im Montmotier in Richtung – wie sinnig und treffend – La Fresse, abbiegen. War damit das Bild von der absolut perfekten DEVISE zerstört? Schaun wir mal.

Der kurz danach im Plan vorgeschlagene Halt liegt mitten im Wald – absolut DEVISE-inkompatibel. Mehrere Schauer vereiteln alle übrigen Rastmöglichkeiten. DEVISE will auch offensichtlich ganz entschieden weiter.

Fast ständig bergauf, entfernen wir uns, wie es scheint, langsam aber sicher von "der Zivilisation". Ein heftiger Schauer wird gegen DEVISEs Gegenwehr unter einer Eiche abgewettert.

Einige seltsam gepunktete, schwarz-weiß gezeichnete Kühe, sie erinnern Elke irgendwie an spanische Stiere, erscheinen rechts auf einer Koppel, nehmen unsere Parade ab und schon von weitem zeigt sich La-Scie-Goguette (die besoffene Säge), mitten im Nirgendwo.

Einsamkeit ist doch steigerbar. Wie angenehm.

Aber, welch ein Schreck zum Abschluss dieses harten, langen Tages: Ein Pony, wie wir später erfahren, gerade ein Jahr alt, begrüßt DEVISE, uns aufgeregt am Elektrozaun entgegenlaufend, wohl als ihre schmerzlich vermisste Mutter –

Aber nicht mit mir! sagt die, stemmt im Geschirr alle Viere in den Boden und macht einen heftig schnaubenden Schreckenssatz zur Seite – Verdammt! Äußerst gefährlich!! Könnte schon wieder so‘n getarnter Puma sein!!!

Mit allem guten Zureden schafft sie dann doch noch die letzten Meter auf den Platz, wo während des ebenfalls letzten Schauers des Tages abgeschirrt und der granulémäßige Heißhunger gestillt wird.

Ein Mädchen begrüßt und weist uns ein. Einer weißhaarigen, nicht gerade geschwätzigen Rothaut – wohl dem Chef, Claude Boban – darf ich die Hand schütteln. Das war’s auch schon an menschlichen Sozialkontakten an dieser Station. So versäumten wir denn auch, nach dem Ursprung ihres Namens, "Die besoffene Säge", zu fragen.

In den goldenen Sonnenuntergang hinein betritt Madame DEVISE dann eine riesige, wohl verdiente Weide, die sie mit zwei Jungkühen teilt.

Bei einigen Portraits, die ich dort von ihr mache, verliere ich den Linsenschutz des  Canon-Objektivs. Wohl als Opfergabe an die equestrischen Götter, sei’s drum.

Eine gehörnte Ziege, wir nennen sie Madame Lefèbvre la Chèvre (siehe: "What’s New Pussycat") animiert uns zum Sammeln aller erreichbaren jungen Eichenäste, die sie mit sichtlichem Vergnügen und knurpsenden Zähnen entblättert.

Ihr ängstliches Sichern in Richtung aus der Ferne heulender Huskies bringt uns dazu, ihr mit Hilfe zweier Plastik-Garten-Tische eine kleine Sichtbarriere hin zum dunklen Wald zu bauen.

Und schließlich sind vier Esel und das bereits erwähnte Pony die dankbaren Abnehmer für einen Teil der von DEVISE hartnäckig verschmähten vier Kilo Karotten.

Für die Zubereitung des Menüs in La-Scie-Goguette erscheint die Gastgeberin, Madame Gaël Boban persönlich in dieser herrlichen Einöde.

In einem Gebäude, das sowohl die sanitären Möglichkeiten in zentraleuropäischer Ausführung, als auch eine professionelle Restaurant-Küche verbirgt, betreten wir nach höflicher Aufforderung durch Madame Gaël mit staunenden Blicken einen romantischen Ess- und Feiersaal für 60 Personen mit einem zentralen, nach allen Seiten hin offenen, angeheizten Kamin.

Simplement formidabel.

Das Menü:

- Aperitif: Pastis
- Salade Ocean
(Lachs, Shrimps, Meerrettich, Blattsalat und Tomaten)
- Beef Ratatouille
- Rotwein, Kaffee
- Erdbeer-Vanillepudding-Torte

Für 14 Euro ein sehr leckeres Essen, das wir jedem empfehlen, den es mal in diese Gegend verschlagen sollte. Das klingt jetzt so, als wäre das tolle Essen der einzige Grund, hierher zu kommen. Weit gefehlt.

Wer das Drängel-Feeling auf den Hohe Straßen oder an den Ballermännern dieser Welt so dringend braucht, wie einen elektrischen Fensterheber im Gartenhaus, der wird sich in dieser Einsamkeit absolut wohl und wie im Traum-zu-Hause fühlen.

Als ein ganz besonderes Geschenk für mein Seelenleben nehme ich das Bild mit von La-Scie-Goguette hinter einem kleinen Birkenwäldchen und die spontane Assoziation von Dr. Shiwagos Haus auf dem Land bei Warikinow.

Einfach Schööön.


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