Fyn K.

Ein kleines Pferd mit großem Bass


Seit einem Jahr sind unsere beiden Gelderländer Rappen Jaron und Jankid und der Welsh-Pony-(Licht-?)Fuchs Fyn K. (K. steht für seine Menschenmutter Vanessa Krenzer), Nachbarn im ehemaligen Bullenstall des Saalbachhofes.

Jaron und Jankid in großpferdgemäß komfortablen Boxen, Fyn in seiner trapezförmig zugeschnittenen Pony-Box mit Designer-Speisezimmer-Tür als zusätzlichem architektonischen Glanzlicht.

Immerhin die pfiffige Lösung für eine saubere Trennung von Wohn-Schlaf- und Raufutter Essbereich: Zwei in der oberen Hälfte entfernte Bohlenbretter in der Boxentür schaffen einen optimalen Durchlass für den Kopf eines Pferdes mit seiner Risthöhe von (hoch geschätzten) einhundertunddreißig Zentimetern.

Auf diesem Wege konnte er mit seiner quirligen Pendel Oberlippe, neben der ordinären Aufnahme von Nahrungsmitteln, kunstvolle Strudellöcher in den Heu- oder Grashaufen vor seiner Wohnungstür drehen, ihn von unten nach oben kehren, in jedem Fall aber ohne größere Mengen davon unter seine Streu zu mischen / mischen zu müssen – gell, Jaron?!.

369(sic!) Tage dieser Boxen Nachbarschaft (abzüglich der Zeit, in der Fyn ganztägig auf Weide stand) ließen aus diesen drei Pferden Freunde werden.

Selbst Jaron teilte gerne eine friedliche Priese Nüstern-Kontakt mit Fyn, was etwas heißen will, für den vornehm zurückhaltenden „Chef“.

Besonders aber Jankid suchte bei jeder Rückkehr in den Stall als Erstes das Schnuten- und Nüstern-Knuddeln mit seinem direkten Boxen Nachbar. Das wollte wiederum für ihn etwas heißen, den großen Freund guter, vor allem reichlicher Pferdenahrung, sein oberleckeres Müsli-Abendbrot musste für die Dauer dieser zärtlichen Zeremonie schließlich auf ihn warten. Jankid bedankte sich damit wohl auch aus seinem vollen Herzen für so manche, blitzschnell stibitzte Maul Portionen aus Fyns Vor-der-Tür-Speisekammer.

Im Gegenzug verkündeten Fyns freud- und erwartungsvolle "Super Bass Grunzer" im Dreier- oder Fünfer-Pack - in den tiefsten Regionen seiner Bronchien(?) und in einer beeindruckenden Lautstärke erzeugt – die unmittelbar bevorstehende Ankunft Elkes, die mit einem halben Kräuter-Müsli-Joghurt-Becher und „brüderlich“ geteilten Apfel- oder Möhrenstückchen für Fyns kleine aber zeitnahe Beteiligung an der schmatzenden „Tafel“ der Beiden "Großen" nebenan sorgte.

Die schmerzliche Seite der Freundschafts-Medaille: Musste Fyn allein in seiner Box zurückbleiben, dann rief er ebenso ausdauernd wie vernehmbar nach seinen Kumpels. Weniger nervend und mit freudiger Note, fiel dann aber das entsprechende Signal beim Wiedersehen aus…

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So begrüßte uns Fyn denn auch am Dienstag Abend, 5. Juni 2012, bei unserer Rückkehr von der Weide, aus dem Round Penn (Longier Zirkel) im Saalbachhof – merkwürdig, wer arbeitete dort um diese Zeit noch mit ihm? Uns dämmerte auch dann noch nichts, als wir den beiden seltsam verhalten wirkenden Hof-Chefs, Jutta und Werner, unseren leicht lahmenden Jankid zur Begutachtung vorgeführt hatten.

Erst nachdem die übliche Abendroutine mit unseren Beiden erledigt war, erfuhren wir, was sich inzwischen zugetragen hatte.

Noch am Morgen, auf dem Weg zur Weide, hatte Fyn unser Grüßen, von seiner Koppel hinter den "Jungens"-Ställen, interessiert schauend und kauend zur Kenntnis genommen. Kein Zeichen von was auch immer.

Im Laufe des Nachmittags beobachtete ihn Jutta beim Wälzen in der Koppel, ohne den kleinsten Gedanken an etwas Bedrohliches, nur: „Wie schön! Der alte Mann kann es noch“.

Gegen fünf Uhr wollte dann Werner Fyn in den Stall bringen, als der, wie blind an ihm vorbei und durch die Litze seiner Koppel, direkt in den Stall und in seine Box lief, um dort, mit dem Kopf zur Wand stehen zu bleiben.

Seit dem waren nun Stunden vergangen, in denen Fyn durch ständiges Herumführen davon abgehalten worden war, sich hinzulegen. Das hätte er offenbar zu gerne in seiner Box getan, wo aber die Gefahr, sich festzuliegen, zu groß ist.

Nachdem Dr. Cathrin Mreyen-Webers Untersuchung seines Darms vom After aus schon nach kurzer Strecke durch ein massives Hindernis gestoppt wurde, lautete die vorläufige, aber leider sehr wahrscheinlich zutreffende Diagnose: „Darmverschluss“. Verdammt!

Entkrampfende, Schmerzen lindernde und den Kreislauf stabilisierende Mittel wurden Fyn in die Blutbahn gegeben. In diesem Zustand erlebten wir ihn, als wir kurz nach acht mit unsern Beiden zum Hof zurückkehrten.

Nun, eine halbe Stunde später, sahen wir Fyn, im Round Penn, zitternd, mit schnell schlagendem Herzen auf der Seite, den Kopf im Sand abgelegt. Er erhob sich, ließ sich führen. Legte sich wieder, wälzte sich nach beiden Seiten, erhob sich wieder, usw, usw.

Ein zweiter Besuch von Cathrin, die ihm noch einmal die volle Ladung Entspannungs-, Schmerz-, Fieber senkende und Kreislauf Mittel verabreichte. Fyn zeigte eine für ein Pferd rasende Herzfrequenz, mit am Hals sichtbarem Venenpuls (laut Cathrin kein gutes Zeichen).

Jutta fixierte eine wärmende Decke um seine Brust. Fyn ließ alle Liebkosungen und gutes Zureden teilnahmslos mit sich geschehen. Stand eine Weile ruhig, mit ausdruckslosem Blick, fing dann aber wieder an, durch den Round Penn zu wandern, sich zu wälzen… - Keine guten Zeichen.

Gegen kurz vor zehn verabschiedeten wir uns von den Drei Menschen und dem kleinen, wahrscheinlich so etwa 25 Jahre alten Pony mit einem viel zu dicken Bauch, das um sein Leben kämpfte.

Wir kehrten zurück nach Heisterberg, mit wundgedrückten Daumen, unguten Gefühlen und einem wachsenden Klos im Hals.

Mittwoch, 6. Juni 2012, 8 Uhr – ein winziger, aberwitziger Hoffnungsfunke vor dem Betreten des Stalls: Fyn steht wieder in seiner Box?!

Doch - unsere Beiden schienen uns ganz still, beinahe als wollten sie uns trösten, mit ihren weisen Augen das zu sagen, was Vanessa leise in menschliche Worte fasste: „Der Fyn ist nun auch im Himmel, bei seiner Mutter Joy, die ihm nur ein paar Wochen voraus gegangen ist.“

Joy

Wohl wahr, was Jutta sagt: „Man lässt die Tiere in sein Herz, und dann ist es immer wieder so schwer, wenn sie gehen.“ Sie hat viele solcher Erfahrungen gemacht, machen müssen, als Landwirtin mit Rinderhaltung und seit mehr als 15 Jahren als Pferdezüchterin.

Für uns war Fyn das erste Pferd mit kalten Wangen, von dem wir am nächsten Morgen in der Scheune Abschied nehmen mussten, konnten, durften. So "hart" es klingen mag, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass dies auch für uns nicht das letzte Mal gewesen sein wird.

Eine Übung im Loslassen eines lieb gewonnenen Begleiters auf einem Stück Lebens Weg, der einen anderen Pfad genommen hat.

Die Tränen um den Tod des kleinen, lieben Pferdes "Fyniemaus" spülen den Klos im Hals davon. Die Lunge wird frei. Fyn hat den schönen Anfang des Pferdesommers 2012 erlebt…   und muss nun nicht mehr "zu Tode erschrocken" in die hinterste Ecke seiner "Designer Box" springen, wenn ein Akkuschrauber nebenan zu "singen" beginnt.

Tschöö Fynniemaus.

Wo auch immer das ist,
wo Du nun bist,
ich werde Dich finden -
irgendwann. -
Bis dahin werde ich Dich
in meinem Herzen behalten.

Karlheinz und Elke und Jaron und Jankid

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Und so sagt Dir ein junges Mädchen Adieu,
das Dich auch lieb gewonnen hat:

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